Der diskriminierte Staat

1. April 2006 | Von | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |

Wer den Prozess von Michael Csaszkóczy gegen das Land Baden-Württemberg vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe beobachtet hat, konnte bereits erahnen, dass die Richter die Klage abweisen würden. Csaszkóczy prozessierte gegen ein bundesweit einzigartiges Berufsverbot, das vom Kultusministerium bereits 2004 gegen ihn verhängt worden war, als er beabsichtigte, Realschullehrer im öffentlichen Schuldienst zu werden. Das Ministerium hatte dies mit seinem Engagement in einer „linksextremen“ Initiative gegen neonazistische Bestrebungen begründet. Ein Antifaschist als Lehrer – das geht im Ländle offenbar zu weit, weckt Zweifel an der Verfassungstreue des Kandidaten.

Was hat Michael Csaszkóczy verbrochen, was hat er geschrieben oder gesagt, dass von Amts wegen so über ihn gesprochen wird? Weder während der mündlichen Verhandlung noch im Urteil wurden dem Kläger persönliches Fehlverhalten oder gar verfassungsfeindliche Aktionen zur Last gelegt – im Gegenteil: Von allen Seiten wurde ihm bescheinigt, Engagement und Zivilcourage gegen Rechtsextremismus zu zeigen, friedliebend und für seinen Beruf bestens qualifiziert zu sein. Nie habe er während seiner Referendarszeit versucht, Schüler zu indoktrinieren.

Auch wenn der Kläger als „engagierter Streiter gegen Rechts und für friedliche Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht“ geschildert werde, so schließe dies „eine tiefgreifend negative Einstellung gegenüber unserem Staat und seiner Verfassungsordnung nicht aus“. Denn: „Auch wer aus übersteigerter Sensibilität für bestimmte positive Prinzipien oder aus lebensfremdem Idealismus heraus unseren Staat und das Handeln seiner Verfassungsorgane wegen stets möglicher Missstände verachtet, grundsätzlich ablehnt und bekämpft, ist als Beamter dieses Staates ungeeignet, weil er die besondere politische Treuepflicht wegen seiner ablehnenden inneren Einstellung nicht garantieren kann.“ Weil die inkriminierten Texte fraglos nicht von Csaszkóczy stammen, findet das Gericht folgenden Dreh: „Auch wer aus moralischem Rigorismus, Naivität oder Leichtgläubigkeit eine Gruppe unterstützt, von der sich ein Beamter distanzieren müsste, handelt gegen die beamtenrechtliche Treuepflicht.“

Quelle: Freitag

Ekrem Senol РK̦ln, 01.04.2006

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