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Beiträge zum Stichwort ‘ Gesellschaft ’



Die relative Wahrheit

Von | 17. Dezember 2005 | Kategorie: Recht | Keine Kommentare

Aus aktuellem Anlass (VG Düsseldorf Beschluss Az.: 1 K 4791/03) möchte ich, nein muss ich erneut auf das Bundesamt für Verfassungsschutz eingehen: Eine islamische Religionsgemeinschaft wehrte sich vor Gericht jahrelang gegen „unwahre“ Veröffentlichungen in Verfassungsschutzberichten. Das Land NRW hatte in der Publikation „Islamismus in Nordrhein-Westfalen – Instrumentalisierung der Religion für politische Zwecke“ vom Dezember 2001 […]



Der Verfassungsschutz als Richter und Henker

Von | 19. November 2005 | Kategorie: Recht | Keine Kommentare

Ulrich Speck in Die Zeit nennt die Empfehlung der BpB in seinem Blog Kosmoblog als „verantwortungslos“. Clemens Wergin von Der Tagesspiegel schließt sich dem an und begründet es mit der Beobachtung Seitens des Verfassungsschutzes.

BpB-Präsident Thomas Krüger dagegen verteidigt die Datenbankaufnahme in Die Welt: „Sie stellt keine Empfehlung dar, sondern will unterrichten. Wir können auch kontroverse Personen aus dem islamistischen Bereich nicht gänzlich außen vor lassen, wenn wir eine sachgerechte Meinungsbildung unterstützen wollen.“

Allein die Beobachtung vom Verfassungsschutz darf in einem Rechtsstaat nicht dazu führen, dass einzelne Personen oder Vereinigungen vom politischen Diskurs ausgeschlossen werden. Für eine gesunde Meinungsbildung ist es notwendig, alle Seiten zu hören. Es darf keine Rolle spielen, ob es sich dabei um Rechtsradikale, Sekten oder Islamisten handelt. Wichtig ist vor allem die Einhaltung des Grundsatzes: Keine Strafe ohne Schuld! Wenn eine Organisation verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, so muss sie verboten werden. Wenn allerdings Organisationen, die bereits seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet werden und weiterhin existieren, weil ein Verbotsgrund nicht gefunden werden konnte oder schlicht nicht existiert, so darf das nicht dazu führen, dass diese Organisation dann eben auf der politischen Bühne diffamiert wird.

In „Der Verfassungsschutzbericht – das scharfe Schwert der streitbaren Demokratie – Zur Problematik der Verdachtsberichterstattung“ von Prof. Dr. Dietrich Murswiek, erschienen in NVwZ 2004, 769 wird die Praxis des Verfassungsschutzes kritisiert, Organisationen schon dann im Verfassungsschutz als „extremistisch“ zu bezeichnen, wenn lediglich ein Verdacht besteht, die betreffende Gruppierung könnte verfassungsfeindliche Ziele verfolgen.

Verfassungsschutz und Verfassungsschutzberichte haben die Aufgabe, die freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen Bestrebungen zu schützen, die ihre Abschaffung oder Destabilisierung bezwecken. Die Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder sind nach Auffassung des Herrn Murswiek darüber hinaus aber auch Instrumente im politischen Kampf. Wer im Verfassungsschutz als „extremistisch“ bezeichnet sei, werde aus der politischen und publizistischen Diskussion ausgeschlossen und politisch wie gesellschaftlich isoliert.

Der Autor ordnet wegen dieses stigmatisierenden Charakters den Verfassungsschutzbericht als eine hoheitliche Maßnahme ein, mit der in die Meinungsfreiheit und ggf. auch in andere Grundrechte der betroffenen Organisationen eingegriffen werde. Diese Grundrechtsbeeinträchtigungen ließen sich nur dann rechtfertigen, wenn mit dem Verfassungsschutzbericht tatsächlich nur erwiesene Verfassungsfeinde bekämpft werden.

Die gängige Praxis, auch solche Organisationen als „extremistisch“ zu erwähnen, bei denen nur ein Verdacht auf verfassungsfeindliche Bestrebungen besteht, hält Herr Murswiek daher für verfassungswidrig. Der an sich legitime Zweck, die Verfassung gegen ihre Feinde zu schützen, drohe ansonsten in sein Gegenteil umzuschlagen und sich gegen die Demokratie zu wenden.

Meines Erachtens darf der Verfassungsschutz nicht zum Richter und Henker zugleich werden, wenn wir auch in Zukunft für uns in Anspruch nehmen wollen, in einem Rechtsstaat zu leben. Nicht ohne Grund sagte Rupert Schützbach (*1933): „Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in dem man um sein Recht kämpfen darf.“ Dieses Recht sollte niemandem verwehrt werden.



Die Burka und das Arbeitslosengeld

Von | 13. Oktober 2005 | Kategorie: Gesellschaft | Keine Kommentare

Es ist nicht einfach, hier eine Balance zwischen der garantierten Religionsfreiheit und dem sozialstaatlichen Gerechtigkeitsempfinden zu finden. Fakt ist zunächst, dass auch die Burka unter die Religionsfreiheit fällt. Sehr oft hat bereits das Bundesverfassungsgericht betont, dass jeder seine Religion so leben darf, wie er/sie es für richtig hält. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Religion allgemein anerkannt ist oder ob es sich dabei um eine kleine Gruppe handelt. Voraussetzung ist lediglich eine ernsthafte Glaubhaftmachung. In diesem Sinne spielt es dann auch keine Rolle, ob das Tragen einer Burka für eine Muslime Pflicht ist oder nicht.

Wenn wir nun auch, den ebenfalls im Grundgesetz verankerten, Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht ziehen, dürfte eine Streichung des Arbeitslosengeldes aus diesem Grund nicht in erfolgen. Denn niemand darf wegen seines Glaubens, seiner religiösen Anschauung benachteiligt werden.

Zugegeben, so eindeutig die Rechtslage im Grunde auch sein mag, etwas kratzt schon an meinem Gerechtigkeitssinn. Ich sehe all diejenigen, die Tag für Tag zur Arbeit gehen und ein gutes Teil Ihres Einkommens für den Sozialstaat abzweigen mit einem unbehaglichen aber doch tröstendem Gefühl, dass sie es ja zurückbekommen, wenn es sie mal trifft.

Wieso, so denke ich mir provokativ, soll jemand auf der Tasche anderer liegen, nur weil sie nach muslimischen Geboten leben will, wobei anzumerken ist, dass das Tragen einer Burka, lediglich nach einer Mindermeinung, Pflicht ist? Kann man denn nicht ein Mindestmaß an Anpassung an die hiesigen Verhältnisse verlangen? Wie sollte man denn die Ernsthaftigkeit der Glaubhaftmachung widerlegen können, wenn sie gut vorgetragen wird? Da könnte ja jeder kommen. Verpflichtet das Gesetz denn nicht alles zu unterlassen, was einer Anstellung auf einem neuen Arbeitsplatz entgegen steht? Nun gut, das könnte im Einzelfall über das Ziel hinausschießen, wenn eine arbeitslose Frau an eine Bar zum Kellnern vermittelt wird und von Ihr verlangt wird, den Gepflogenheiten des Milieus und den männlichen Kundenwünschen entsprechend, gekleidet zu erscheinen.

Doch, frage ich mich, steckt hinter diesen und ähnlichen Maßnahmen noch etwas anderes? Etwas Tieferes als eine simple Abwägung zweier Interessen? Nahezu aufdrängen tut sich die Frage, was mit denjenigen ist, die etwa wegen Ihrer rosaroten Haare und den seit Wochen nicht gewaschenen und deshalb bis in den Himmel stinkenden Rasterlocken nicht vermittelt werden können weil deren Körper womöglich noch mit Tattoos und Piercings übersät sind. Sicher treffen auf solche Personen dieselben Argumente zu, wie bei der Burka tragenden Muslima. Wobei unser fiktiver rosaroter Panther seine Beweggründe noch nicht einmal mit irgendeiner Religion rechtfertigen könnte. Wieso, so drängt sich mir die Frage auf, wieso wird eine Muslima Zielscheibe solcher oder ähnlicher Maßnahmen und nicht eine mit Sicherheit zahlenmäßig viel größere Gruppe von Personen, die ebenfalls auf der Tasche anderer leben?

Es ist und bleibt eine zwiespältige Angelegenheit, bei der beide Seiten der Medaille nicht glänzen. Entscheide ich mich gegen die Burka, würde ich mich auch gleichzeitig gegen fundamentale Grundwerte der Verfassung entscheiden, die ich schätze. Entscheide ich mich für die Burka, bleibt ein unbehagliches Gefühl, denen Gegenüber, die arbeiten und ihren aktiven Beitrag leisten. Und dann ist da noch der rosarote Panther.



Vorwort

Von | 7. Dezember 2004 | Kategorie: Feuilleton | Keine Kommentare

Es fing positiv an. Nur wenige Vorlesungen später, hatte sich mein Selbstwertgefühl voller Stolz ins unermessliche gesteigert, als ich zu der Erkenntnis kam, ich sei von nun an eine juristische Person. Ich studierte Jura und war somit eine „juristische Person“. Das muss man sich als Grünschnabel mal auf der Zunge zergehen lassen. Gestern noch an der Gesamtschule Biologie und Geschichte Leistungskurs geschwänzt und heute schon eine „juristische Person“. Meine Karriere nahm langsam Formen an. Organe, mit denen ich handeln und sonst alles mögliche tun konnte hatte ich schließlich ja auch, wobei die ausdrückliche Betonung der „Organe“ vom Professor, der sonst vor Eloquenz nur so strotzte, ich für übertrieben hielt.

Unmittelbar im Anschluss an die Vorlesung investierte ich eine noch nie da gewesene Summe, voller Elan und aufgepumpt mit Glückshormonen, in einen Buch, den die Verkäuferin schlicht nur “Brox” nannte. Das sollte mein Untergang und zugleich die Wiederauferstehung sein. Langsam dämmerte es mir, weshalb der Professor im Zusammenhang mit der juristischen Person dauernd von eingetragenen Vereinen und von Gesellschaften mit beschränkter Haftung sprach. Das war mein Untergang. Aber wie konnte mein alter Fussballverein „S.V. Gremberg e.V.“ Organe haben? War es vielleicht mein Trainer? Er hatte zwar Organe, aber als solches? Das konnte und durfte es nicht sein.

Zum Glück hat es nicht mehr lange gedauert und mit der Erleuchtung. Dank Herrn Brox, bekam das Wort „Organ“ eine ganz neue Bedeutung (die Wiedersaufstehung). Von dem Augenblick an wurde mir klar, dass ich nicht nur eine ganz neue Sprache lernen, sondern auch die Logik der Juristerei nachvollziehen musste. Denn mit einer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit und nicht nur höchstwahrscheinlich, sprengte ein solches Organ die Gesetze der Logik.





 

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