Vorwort

7. Dezember 2004 | Von | Kategorie: Feuilleton | Keine Kommentare |

Es war die zweite Vorlesung im Jahre 1995 an der Universität zu Köln zum Thema „Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs“. Einandhalb Zivilrecht-Vorlesungen vorher wusste ich nicht einmal über die Existenz eines solchen Buches, geschweige denn über einen “allgemeinen Teil” darin. Letztlich waren es fünf ganze Bücher in nur einem Buch. Dies sollte nur der Anfang einer langen und nicht endend wollenden Kausalkette voller Missverständnisse und Erkenntnisse sein.

Es fing positiv an. Nur wenige Vorlesungen später, hatte sich mein Selbstwertgefühl voller Stolz ins unermessliche gesteigert, als ich zu der Erkenntnis kam, ich sei von nun an eine juristische Person. Ich studierte Jura und war somit eine „juristische Person“. Das muss man sich als Grünschnabel mal auf der Zunge zergehen lassen. Gestern noch an der Gesamtschule Biologie und Geschichte Leistungskurs geschwänzt und heute schon eine „juristische Person“. Meine Karriere nahm langsam Formen an. Organe, mit denen ich handeln und sonst alles mögliche tun konnte hatte ich schließlich ja auch, wobei die ausdrückliche Betonung der „Organe“ vom Professor, der sonst vor Eloquenz nur so strotzte, ich für übertrieben hielt.

Unmittelbar im Anschluss an die Vorlesung investierte ich eine noch nie da gewesene Summe, voller Elan und aufgepumpt mit Glückshormonen, in einen Buch, den die Verkäuferin schlicht nur “Brox” nannte. Das sollte mein Untergang und zugleich die Wiederauferstehung sein. Langsam dämmerte es mir, weshalb der Professor im Zusammenhang mit der juristischen Person dauernd von eingetragenen Vereinen und von Gesellschaften mit beschränkter Haftung sprach. Das war mein Untergang. Aber wie konnte mein alter Fussballverein „S.V. Gremberg e.V.“ Organe haben? War es vielleicht mein Trainer? Er hatte zwar Organe, aber als solches? Das konnte und durfte es nicht sein.

Zum Glück hat es nicht mehr lange gedauert und mit der Erleuchtung. Dank Herrn Brox, bekam das Wort „Organ“ eine ganz neue Bedeutung (die Wiedersaufstehung). Von dem Augenblick an wurde mir klar, dass ich nicht nur eine ganz neue Sprache lernen, sondern auch die Logik der Juristerei nachvollziehen musste. Denn mit einer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit und nicht nur höchstwahrscheinlich, sprengte ein solches Organ die Gesetze der Logik.

Ekrem Senol – Köln, 07.12.2004

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