Eine tieftraurige Mail einer Leserin

4. Oktober 2007 | Von | Kategorie: Feuilleton | 7 Kommentare |

Vor ein Paar Tagen hat mich eine E-Mail erreicht, über dessen Inhalt ich geschockt, wütend und traurig gleichermaßen war und immer noch bin. Mit ausdrücklicher Zustimmung der Urheberin darf ich die Mail (anonymisiert) hier veröffentlichen. Es ist unglaublich, wozu Menschen imstande sind und wie sie versuchen, das Denken anderer zu verhindern. Motiv, Religion, Hautfarbe, Ethnie oder was auch immer spielt keine Rolle: Eine Mail wie die folgende, sollte niemand schreiben müssen.

Lieber …,

ich habe eine Bitte: ich weiss nicht, ob mein Gastbeitrag „…“ noch … veröffentlicht ist. Falls ja, würde ich dich bitten, ihn heraus zu nehmen. Da ich mich bereits mehrfach öffentlich gegen Islamophobie und antimuslimische Hetze geäußert habe (meistens durch Leserbriefe …), sind die … von … auf mich aufmerksam geworden und die Zahl der rassistischen, sexistischen und offen bedrohlichen Mails war seit dem Frühjahr wirklich heftig. Nach einer Veröffentlichung in der … wurde offenbar jeder meiner Briefe auf … kommentiert, meine Adresse veröffentlicht etc. pp. Ich lese dort nicht und würde freiwillig auch nicht hinklicken, aber sie „benachrichtigen“ einen per anonymer Mail. Nach einer solchen Veröffentlichung kommt jedesmal ein Schwung von unsäglichen Mails (Tenor ist immer: „du bist eine … und wir wissen wo du wohnst“) und schließlich wurde dann auch nachts Sturm geklingelt, die Haustür eingetreten und in den Flur uriniert.
Nicht nachweisbar und damit nicht justiziabel, aber die Botschaft kommt an…

Ich habe mich seitdem weiter geäußert, allerdings nur noch dort, wo es anonym möglich ist. Weil ich immer wieder Reaktionen auf diesen Beitrag bekomme und ich langsam wirklich um meine Sicherheit fürchte, wäre ich dankbar, wenn du den Beitrag rausnehmen könntest, ohne dass wir dadurch weitere Aufmerksamkeit erregen. Schlimm genug, dass es soweit kommt…

7 Kommentare
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  1. „schließlich wurde dann auch nachts Sturm geklingelt, die Haustür eingetreten und in den Flur uriniert.
    Nicht nachweisbar und damit nicht justiziabel, aber die Botschaft kommt an …“

    Warum sollten eine eingetretene Haustür und Urin im Flur nicht nachweisbar sein? StA und Polizei nehmen schon bei geringeren Taten Ermittlungen auf …

  2. Das die Tür eingetreten und in den Flur uriniert wurde ist mit Sichgerheit nachweisbar. Die Frage ist doch eher von wem!

  3. unbedingt trotzdem anzeigen!

  4. Das ist so zwar nicht hinnehmbar, aber ich befürchte, daß man da unmittelbar nichts tun kann außer die Ruhe bewahren (ich weiß, das ist leicht gesagt wenn man nicht in der Situation ist). Es ist ein Skandal, daß man in unserem Land nicht ohne Furcht seine Meinung äußern kann. Das kann doch nicht sein, daß unsere Polizei wieder so lange warten muß, bis dann tatsächlich etwas passiert ist.
    Leider weiß ich bei solchen Vorfällen nicht was man da raten kann, außer der Ermutigung, daß die Verfasserin der Mail trotz der Bedrohungen nicht einknicken soll. Wenn man nachgibt, dann haben diese Verbrecher erreicht was sie wollen. Es bleibt die Hoffnung, daß niemanden etwas geschieht, denn der Schaden durch die Einschüchterung ist schon groß genug.

    Der Rechte Rand wird wie viele andere Bedrohungen in unserem Land gewaltig unterschätzt. Er wird oft erst bemerkt, wenn man selbst in die Schußlinie gerät.

    Gruß,
    Volker

  5. oh man das hört sich ja wirklich unmenschlich an.
    manchmal frage ich mich, ob der staat oder irgendwelche Personen mit viel macht nicht darüber nachdenken könnten, irgendwas zu tun gegen diese rechten typen. Werbung dagegen oder so. den intelligenteren typen „da oben“ würde doch ganz rasch was gescheites einfallen!

    ach was schreib ich denn da :/

  6. Hallo,

    Ja, eine schlimme Sache. Aber ich muss sagen, dass ich ganz Ähnliches erlebe – von Leuten, die vor dem 11.9.
    bestimmt anders gedacht haben. gegen die Moslems wird schon ziemlich gehetzt, das war früher nicht so – oder nicht so schlimm. Vor allem habt ihr das jetzt auch an Universitäten, nicht nur von irgendwelchen doofen Nazis, die uns im Prinzip egal sein können

    Julia

  7. Ja man müßte anzeigen, bzw. publik machen.

    Doch was passiert dann.

    Zunächst wird ermittelt, ob überhaupt eine Straftat vorliegt.

    Dabei schließt man vorneherein ohnehin jeglichen fremdenfeindlichen Hintergrund aus.

    Danach spricht von Einzeltätern.

    Darauf folgt dann, daß das Opfer selbst schuld bzw. mitschuld ist.

    Und am Ende überzieht man das Opfer mit Strafanzeigen wegen falscher Verdächtigung usw.

    Tja. Was soll man nun dem Opfer raten.

 

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