Update: Integrationsdefizite verursachen hohen volkswirtschaftlichen Schaden

24. Januar 2008 | Von | Kategorie: Gesellschaft | 7 Kommentare |

Das Büro für Arbeits- und Sozialpolitische Studien (BASS) hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die Integration der Migranten hinsichtlich der Kategorien Sprache, Bildung und soziales Engagement überprüft. Nach den Kriterien der Studie gelten 38 Prozent der Personen mit Migrationshintergrund als integriert und 55 Prozent als weniger integriert. Am schlechtesten integriert seien die Zuwanderer in sozialer Hinsicht. Auch in der Bildung seien große Defizite vorhanden. Als sprachintegriert gelten jedoch 74 Prozent der Migranten.

Der Studie zufolge sind 16 Prozent der schlecht integrierten und elf Prozent der gut integrierten Zuwanderer arbeitslos. Dadurch gingen dem Staat Einkommenssteuern und Beiträge in der Renten- und Sozialversicherung verloren. Auch wenn die schlecht integrierten Zuwanderer berufstätig sind, sei ihr Verdienst rund 7.500 Euro weniger im Jahr. Dadurch würden sie im Schnitt 1.900 Euro weniger an Einkommensteuer und 1.200 Euro weniger an Sozialbeiträgen zahlen als Zuwanderer, die sich besser eingegliedert haben. Die unzureichende Integration von Zuwanderern koste den Staat damit jährlich schätzungsweise 16 Milliarden Euro.

Johannes Meier, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, sagte bei der Vorstellung der Studie, dass verstärkte Investitionen vor allem im Bildungsbereich notwendig seien. „Hier (werden) die Weichen für die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben gestellt. Wir müssen dabei insbesondere die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund verbessern„, so Meier.

Die Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer, sagte, dass gute deutsche Sprachkenntnisse sowie gute Chancen in der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt die entscheidenden Voraussetzungen für eine gelungene Integration seien. Sie forderte deshalb alle am Nationalen Integrationsplan Beteiligten auf, ihre Selbstverpflichtungen so rasch wie möglich umzusetzen.

Nachtrag vom 25.01.2008:

Zur Unterscheidung von integrierten und weniger integrierten Zuwanderern heißt es in der Studie:

Dieser setzt sich aus Indikatoren in drei Bereichen zusammen, welche selber aus mehreren Merkmalen gebildet werden, und verdichtet diese zu einem Gesamtindex:

  • Bildung (= mehr als neun Jahre Bildung, mindestens Hauptschulabschluss, mindestens zwei Jahre Bildung in Deutschland),
  • Sprache (= sprechen und schreiben der deutschen Sprache),
  • Soziale Integration (= Tätigkeit in Freiwilligenorganisationen wei Vereinen, Verbänden, sozialen Diensten, Bürgerinitiativen, Parteien oder Kommunalpolitik)

Bildung und Sprache sind von mir aus noch akzeptable Richtlinien. Aber die soziale Integration…? Ich bin mir nicht sicher und tendiere dazu, dieses Kriterium als verfehlt zu bezeichnen, was die Zahlen aus der Studie auch wiedergeben. Sozial Integriert seien demnach insgesamt 24 Prozent der Personen mit Migrationshintergrund. Da verwundern auch die Kosten von von oben nicht. Wenn man bedenkt, dass der größte türkische Verein in Deutschland nur ca. 30.000 Mitglieder hat unter 3.000.000 Türken (1%), kann man nicht gerade von einer sozial aktiven Bevölkerung (im in der Studie genannten Sinne) unter Türken sprechen. Nur deswegen aber gleich eine gelungene Integration abzusprechen erscheint mir als zu weit hergeholt.

Hier der Link zu einer 9-seitigen Zusammenfassung Studie.

7 Kommentare
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  1. Dann sollten die Einwanderer mehr Integrationswillen zeigen.

  2. @ Claudia

    Sehe ich genauso!

  3. @ Claudia
    Bitte Ihren wunsch etwas Klärender darstellen.
    Ich höre immer wieder den wunsch nach Integration , aber keiner kann mir genau sagen wie man sich das so vorstellt.

  4. Der Studie zufolge sind 16 Prozent der schlecht integrierten und elf Prozent der gut integrierten Zuwanderer arbeitslos.

    Und wie kommt man jetzt von dieser Statistik zu der Aussage, die schlechte Integration sei die Ursache für die Arbeitslosigkeit? Kann es nicht sein, dass vielleicht gerade eine Arbeitsstelle zu besserer Integration führt?
    Oder dass Erwerbstätigkeit und Integration einfach die Folge einer besseren Bildung von Teilen der Zuwanderer ist?

  5. @ pete

    Stimmt! Jetzt interessiert es mich, welche Kriterien für gut und schlecht Integrierte herangezogen wurden. … Jetzt habe ich es: Hier der Link zu einer 9-seitigen Zusammenfassung Studie! Darin heißt es:

    Zur Unterscheidung von integrierten und weniger integrierten Zuwanderinnen und Zuwanderern wurde ein Integrationsindex gebildet. Dieser setzt sich aus Indikatoren in drei Bereichen zusammen, welche selber aus mehreren Merkmalen gebildet werden, und verdichtet diese zu einem Gesamtindex:

    Bildung (=mehr als neun Jahre Bildung, mindestens Hauptschulabschluss, mindestens zwei Jahre Bildung in Deutschland),

    Sprache (=sprechen und schreiben der deutschen Sprache),
    Soziale Integration (=Tätigkeit in Freiwilligenorganisationen wei Vereinen, Verbänden, sozialen Diensten, Bürgerinitiativen, Parteien oder Kommunalpolitik)

    Bildung und Sprache sind von mir aus noch akzeptable Richtlinien. Aber die soziale Integration…? Ich bin mir nicht sicher und tendiere dazu, dieses Kriterium als verfehlt zu bezeichnen, was die Zahlen aus der Studie auch wiedergeben. Sozial Integriert seien insgesamt 24 Prozent der Personen mit Migrationshintergrund. Da verwundern auch die Zahlen von oben nicht 🙂 Wenn man bedenkt, dass der größte türkische Verein in Deutschland ca. 30.000 Mitglieder hat unter 3.000.000 Türken (1%), kann man nicht gerade von einer sozial aktiven Bevölkerung (im in der Studie genannten Sinne) unter Türken sprechen. Nur deswegen aber gleich eine gelungene Integration abzusprechen erscheint mir als zu weit hergeholt.

    Mein Fazit: Die Studie ist nur bedingt brauchbar und hat es in die Nachrichten nur geschafft weil es das Wort „Integration“ beinhaltet und behandelt und „schockierende“ Zahlen liefert.

    PS: Vielleicht haben es andere auch bemerkt: Die in JurBlog oft in den Raum geschmissenen (rein äußerliche) Kriterien finden hier überhaupt keine Erwähnung 🙂

  6. Ich kann mich dem Einwand von ES nur anschließen.

    Ich bin in D geboren, hier zur Schule gegangen, Abitur, Jurastudium… arbeite seit Jahren im höheren Justizdienst (Richter).

    Wenn ich nun den sog. Integrationsindex sehe, muss ich feststellen, dass ich leider nur zwei von drei Kriterien erfülle: Ich bin weder politisch aktiv, noch in irgend welchen Vereinen oder Verbänden engagiert.

    Ich feiere aber Ostern und Weihnachten, mein Freundeskreis besteht hauptsächlich aus deutschstämmigen Personen.

    Dennoch: Laut dieser Studie bin ich wohl nicht so richtig (sozial) integriert. Da frag ich mich: Was muss man noch alles tun, um als integriert zu gelten?

    Die Studie kann man m.E. getrost dort hinlegen, wo sie hingehört: in den Lokus!

  7. meinem Vorredner schließe ich mich an.

    nach den Kriterien der Studie erfülle ich trotz Bildung (Volljurist, seit 14 Jahren als RA tätig) ebenfalls die Kriterien einer gelungen Intergration nicht, gelte mithin als nicht vollständig integriert.

    Eine Studie mehr, die nur dazu dient Vorurteile zu bestätigen.

    In den deutschen Medien und der Politik vermisse ich Berichte über die vielen, Ärzte, Apotheker, Juristen, Ingenieure,Betriebswirte, Dolmetscher, Sachverständige, Polizisten, Handwerkersmeister und Gesellen (z.B.im KFz.Sanitär, Bauwesen usw.), Kranken- und Altenpfleger, Wachleute usw. mit Migrationshintergrund.

    Vertrauensvoll legt man den Vorgenannten seine Gesundheit, Vermögen und Sachwerte oder seine Sicherheit in die Hände, reduziert in der öffentlichen Diskussion aber alles auf einige wenige in jeder Geellschaft zwangsweise vorhandene Problemfälle.

    LI

 

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