Die Türken kommen!

5. Dezember 2006 | Von | Kategorie: Leitartikel | 2 Kommentare |

Was haben Mozart, der Orient und Koblenz miteinander zu tun? Nicht viel, möchte man auf den ersten Blick meinen. Die Ausstellung, die das Mittelrhein-Museum Koblenz mit dem Landeshauptarchiv und dem Koblenzer Stadtarchiv vom 25. November 2006 bis zum 18. Februar 2007 präsentiert, lässt den Zusammenhang deutlich werden.

Mozart war der Stadt an Rhein und Mosel nicht nur durch einen Besuch im Jahre 1763 verbunden, sondern vor allem durch die Eröffnung des neuen Theaters am 23. November 1787 mit seiner „Türkenoper“ Die Entführung aus dem Serail. Einen nachhaltigen Eindruck hinterließ in Koblenz 1867 das Treffen von Sultan Abdülazîz mit König Wilhelm I. von Preußen und seiner Gattin Augusta.

Zwischen beiden Begebenheiten vollzog sich ein erstaunlicher Stimmungswandel. Eben noch das Reich der gefürchteten „Heiden“, die man mit aller Macht bekämpft hatte, wurde das Osmanische Reich nach seiner Niederlage vor Wien 1683 zum Sehnsuchtsland der Phantasie, dessen Kultur und Sitten in Literatur und Kunst, in Musik und Kleidung kopiert und nachgeahmt wurden.

Jahrhunderte lang galten sie als die größte Bedrohung des Abendlandes: die Heerscharen des Osmanischen Reiches. Ihre Gegner beeindruckten sie mit ihrem Mut und durch kunstfertige wie schlagkräftige Waffen. In blutigen Kriegen dehnten sie die Grenzen ihres Reiches immer weiter aus. Ihr Siegeszug führte sie 1683 bis vor die Tore Wiens. Doch hier wendete sich das Blatt: es gelang dem Reichsheer die osmanischen Truppen vernichtend zu schlagen. Die Türken verloren ihren Schrecken.

Mit dem Ende der militärischen Bedrohung änderte sich die Wahrnehmung der Osmanen und ihres Reiches. Gesandtschaften wurden ausgetauscht und vermittelten erstmals ein realistisches Bild des Landes und seiner Kultur: Aus Angst wurde Neugier, aus Neugier wurde Faszination für das Fremdartige. Was für uns heute alltäglich ist, wurde mit Staunen importiert und zur Mode: der Kaffee, die Tulpen, der Tabak.

„AllaTurca“ war zur Mode geworden in Konzertsälen und Opernhäusern. Gluck, Haydn, Beethoven – sie alle schrieben „türkische“ Musik.

Doch nicht nur in der Musik wurde das Türkische Mode: der Adel und die führenden Schichten Europas genossen im 18. Jahrhundert die Exotik „morgenländischer“ Verkleidung und ließen sich in orientalischen Kostümen porträtieren. Man umgab sich mit prächtigem Kunstgewerbe und kostbarem Porzellan „à la turque“ und erbaute sich literarisch an märchenhaften Haremsphantasien. (Quelle: Mittelrhein-Museum)

Ausstellungseröffnung: Freitag, 24. November, 19.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 25. November bis 18. Februar 2007

Ekrem Senol РK̦ln, 05.12.2006

2 Kommentare
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  1. Wieder mal ein realitätsnaher Artikel.
    Lange wurde darüber geschwiegen. Es ist an der Zeit zu sagen das die Herkunft diverser „europäischer“ Sachen ganz wo anders liegt.

  2. Der Artikel mag zwar klar stellen wo welche wurzeln sind , jedoch sind wir Türken zu blöd diese Informationen in der Öffentlichkeit klar zu platzieren.
    Der Kaffee , die Deutschen Blätterteig spezialitäten ,etc etc etc.
    Es gibt soviele sachen die auf das Osmanische Reich bzw. Türken und den Isalm zurück führen , aber das Zivilisierte Europa hat das Recht der Göttlichkeit gepachtet und duldet keinen neben sich.
    Erschwerend kommt da noch hinzu , das wir sehr dazu beitragen das gwünschte Bild für Europa darzustellen.
    Es gibt einfach zu wenig Türken , weil sie auch weniger auffallen , die in der Öffentlichkeitsarbeit interesiert sind.
    Somit bleibt das Bauer Bild der Türken bestehen.
    Und das ist nicht nur bei den Deutschen auf dem niedrigen nieveau so stark , dieses Bild ist auch bei denn gehobenerem nieveau so.

 

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