Das Bundesverfassungsgericht zitiert JurBlog.de

10. Januar 2007 | Von | Kategorie: Feuilleton | 13 Kommentare |

Eher zufällig habe ich heute erfahren, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 08.12.2006 (2 BvR 1339/06) meinen Aufsatz über das Problem der doppelten Staatsbürgerschaft der türkischstämmigen Bevölkerung vom 26.05.2005 aus dem JurBlog.de zitiert hat.

Obwohl die Entscheidung anders hätte ausfallen können, gibt es neben der Tatsache, dass ich vom Bundesverfassungsgericht zitiert wurde, noch einen weiteren erfreulichen Aspekt:

… Diese Auslegung entspricht der einhelligen fachgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. … Entscheidungen: BayVGH, etc., etc.) und wird auch in der Literatur – zum Teil vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Bewertung – ganz überwiegend vertreten (vgl. Marx, in: GK-StAR, Stand: Juni 2006, § 25 StAG Rn. 58.1 ff.; Uslucan, ZAR 2005, S. 115 f.; Silagi, StAZ 2006, S. 134 <136>; Renner, www.migrationsrecht.net/gesetzgebung-auslaenderrecht/doppelte-staatsbuergerschaft-tuerken-deutscher-pass-ade.html; Senol, Doppelte Staatsbürgerschaft der türkischstämmigen Bevölkerung in Deutschland, www.jurblog.de/2005/05/26; wohl auch Engst, ZAR 2005, S. 227 <231>; a.A. mit verfassungsrechtlichen Gründen Odendahl, IPRax 2005, S. 320 <325>). …

… (die Einbürgerung, die durch Beschluss des Ministerrats erfolgt, wird den Betroffenen nicht oder jedenfalls nicht regelmäßig individuell bekannt gegeben; vgl. BTDrucks 16/139, S. 4; Marx, GK-StAR, Stand: Juni 2006, § 25 StAG Rn. 58.4; Senol, Doppelte Staatsbürgerschaft der türkischstämmigen Bevölkerung in Deutschland, www.jurblog.de/2005/05/26, Nr. 5a; Odendahl, IPRax 2005, S. 320 <325>) …

Damit erhebt das Bundesverfassungsgericht juristische Blogs offiziell zur „Literatur“.

Der Dank für den ersten Hinweis geht an: LAWgical und alle anderen auch, die sich mitfreuen.

Ekrem Senol – Köln, 10.01.2007

13 Kommentare
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  1. Interessant auch, daß die Links bei der Entscheidungsveröffentlichung auf http://www.bverfg.de gesetzt werden und man durch einfachen Klick sofort auf die Fundstelle kommt!

    siehe hier

  2. @Heimz-Ulrich Schwarz

    Nun muss ich JurBlog.de wohl für alle Ewigkeiten in den Dienst der Wissenschaft stellen und dafür Sorge tragen, dass es immer online bleibt.

    Mich würde es interessieren, ob das einmalig ist oder andere Gerichte auch auf ein Blog verlinkt haben.

  3. Gratuliere !!!!!!!!!!!!
    Es beweist das die Gerichte sich auch mit dem medium Internet befassen , und das doch diese Seite auch etwas gutes bewirkt.
    Tja Herr Ekrem Senol , wie es scheint müssen Sie diese Seite aufrecht erhalten und mit weiteren Interesanten Artikel füttern.
    Vierl erfolg

  4. Blawgs als Primärliteratur von BVerfG anerkannt…

  5. Mein herzlichster Glückwunsch! Ich wünsche Dir weiterhin ganz viel Erfolg und ganz viele Besucher auf Deiner Seite.

  6. Herzlichen Glückwunsch, Ekrem Senol!

    Welch Ehre und welch große Ermutigung! Wenn Blogeinträge die Rechtsprechung des BVerfG beeinflussen könnten, hätten sie mehr Macht als so mancher Hinterbänkler-Abgeordneter… Fantastisch!

    Das ist vielleicht auch der richtige Moment, sich noch mal kritisch den zitierten Artikel anzusehen.

    An der zitierten Stelle geht es um die Frage, ob die dt. StA auch dann automatisch verloren geht, wenn der (türk.) Einbürgerungsantrag noch während Bestehens der dt. Inlandsklausel (vor 1.1.2000) gestellt wurde. Das könnte strittig sein, jedoch findet das BVerfG weder in Rechtsprechung noch in der Wissenschaft eine überzeugende Gegenargumentation – sei es auch als absolute Mindermeinung :

    „Die Auslegung der Vorschrift führt demnach – ohne dass Anhaltspunkte bestünden oder auch nur Unklarheiten überwunden werden müssten, auf die Betroffene sich für ein entgegengesetztes Vertrauen berufen könnten – zu dem Ergebnis, dass für die Anwendbarkeit der Vorschrift allein der Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit nach dem Inkrafttreten, das heißt dem 1. Januar 2000, maßgeblich ist. Ob der darauf gerichtete Antrag vor oder nach diesem Zeitpunkt gestellt wurde, ist dagegen unerheblich. Diese Auslegung entspricht der einhelligen fachgerichtlichen Rechtsprechung (….) und wird auch in der Literatur – zum Teil vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Bewertung – ganz überwiegend vertreten (… unter anderem jurblog…)“

    Und der zitierte jurblog-Beitrag
    http://www.jurblog.de/2005/05/26/doppelte-staatsburgerschaft-der-turkischstammigen-bevolkerung-in-deutschland/#more-4
    sieht das sogar vorbehaltlos so:

    „Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit tritt kraft Gesetzes automatisch (Staatsangehörigkeitsrecht, Hailbronner/Renner, München 2005, 4. Auflage, § 25 StAG Rn. 6) zu dem Zeitpunkt ein, in dem die ausländische Staatsangehörigkeit tatsächlich (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht (StAR-VwV) Vom 13. Dezember 2000, Nr. 25.1.2. StAR-VwV ) erworben wurde. Abgestellt wird hierbei nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf den der Einbürgerung. Maßgeblich ist insoweit das ausländische Recht (Staatsangehörigkeitsrecht, Hailbronner/Renner, München 2005, 4. Auflage, § 25 StAG Rn. 11).“

    Der Zeitpunkt der (türk.) Antragstellung soll dann aber beim (dt. )Wiedereinbürgerungsantrag doch irgendwie beachtet werden und zu einem öffentlichen Interesse führen:

    „Der automatische Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft hängt allein vom Zufall ab, ob der Ministerratsbeschluss vor oder nach dem 1.1.2000 erfolgt.
    Insoweit sollten diejenigen, die vor dem Wegfall der Inlandsklausel ihre Wiedereinbürgerungsanträge gestellt haben, in jedem Falle wieder eingebürgert werden, auch wenn im Einzelfall der Betroffene sich und seine Angehörigen zu ernähren nicht imstande ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG), da § 8 Abs. 2 StAG zur Vermeidung einer besonderen Härte von den Voraussetzungen der Nr. 4 absieht. Das generell erforderliche öffentliche Interesse an der erneuten Einbürgerung ließe sich damit begründen, die türkische Bevölkerung nachhaltig zu integrieren.“

    Diese Begründung ist argumentativ schwach. Sie wäre eine pauschale, willkürliche, eigentlich politische Bevorzugung, die sich sachlich und juristisch kaum rechtfertigen läßt.

    Trotzdem: ein schöner Erfolg und eine Bestätigung, vom BVerfG zitiert zu werden (das sich ja Ihrer Meinung quasi angeschlossen hat 😉
    Und ein Ansporn, auch in Zukunft per Blog die Welt zu verbessern (die StAR-VwV ist ja nicht sakrosankt)

    Gratuliere!
    🙂

  7. @ Maria

    Das könnte strittig sein

    Mich interessiert Ihre Gegenmeinung mit Begründung bitte!

    Im übrigen: Lesen Sie meinen Beitrag bitte noch einmal durch! Das Bundesverfassungsgericht ist der Auffassung, dass die Inlandsklausel, auch wenn diese zum Zeitpunkt der Antragstellung für den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit galt, kein Vertrauen begründet. Diese Auffassung habe ich nicht vertreten. Im Gegenteil (jedoch an anderer Stelle):

    Zum Zeitpunkt der Antragstellung galt die Inlandsklausel und deren Wegfall war nicht abzusehen. Auch erfolgte vor dem 1.1.2000 bei der Aufnahme in den deutschen Staatsverband keine Belehrung über den automatischen Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft, so dass diese Personen über die Konsequenzen ihrer Anträge, keine Kenntnis hatten und auch nicht haben konnten.
    Auch der Umstand, dass die Erlangung der türkischen Staatsbürgerschaft vom Beschluss des Ministerrates abhängt und somit zeitlich nicht vorherzusehen ist, wann genau die Einbürgerung erfolgt, ist zu berücksichtigen. Der automatische Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft hängt allein vom Zufall ab, ob der Ministerratsbeschluss vor oder nach dem 1.1.2000 erfolgt.

    Sie dagegen:

    Trotzdem: ein schöner Erfolg und eine Bestätigung, vom BVerfG zitiert zu werden (das sich ja Ihrer Meinung quasi angeschlossen hat 😉

    Eben nicht quasi meiner Meinung angeschlossen 🙁

    Ansonsten vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Das BVerfG prüft, ob das StAG verfassungskonform ist. In meinen Ausführungen geht es um den Wiedereinbürgerungsantrag in den dt. Staatsverband.

    Diese Begründung ist argumentativ schwach. Sie wäre eine pauschale, willkürliche, eigentlich politische Bevorzugung, die sich sachlich und juristisch kaum rechtfertigen läßt.

    Im übrigen wurde die Inlandsklausel auf Druck der Union unter anderem aus wahltaktischen Gründen gestrichen (lesenswert).

    Letztlich sieht eine politische Bevorzugung anders aus: Deutschland hat sich mit Israel bei jüdischen Doppelstaatlern geeinigt.

    Lesenswert auch (falls Sie wirklich Interesse am Thema haben): Doppelte Staatsbürgerschaft – Eine Falle?

  8. Herzlichen Glückwunsch!

  9. Hallo Ekrem Senol,
    herzlichen Glückwunsch zum Ritterschlag. In den USA gibt es auch einige Entscheidungen, die auf Blogs verlinken. Eine Übersicht findet sich hier:
    http://urlx.org/typepad.com/34168

  10. […] Mein Blogeintrag von gestern, in dem ich die Brötchen-Abmahnung kritisiert habe, stößt bei den Bloggern unter meinen Lesern auf breites Interesse. Freut mich, dass ich ein klein bisschen was bewegen konnte. Unter den Trackback’ern meines Artikels war auch RA-Blog, der bereits am 10. eine kleine Sensation veröffentlichte: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem “Beschluss die doppelten Staatsübergschaft der türkischstämmigen Bevölkerung” das JurBlog zitiert hat und verlinkt. Das ist wegen zwei Gründen eine Sensation für mich (und nicht nur für mich, auch für Lawgical ist es eine große Sache). Zum einen hebt es das JurBlog in den stand der ernsthaften Literatur. Zum anderen ist dies ein Beweis, dass die bekanntlich langsam reagierende Judikative die Blogs ernst nimmt, verfolgt und offenbar für eine absolut legitime Form des Jornalismus hält. Erstaunlich, dass ein Web 2.0-Produkt SO schnell von der breiten Öffentlichkeit akzeptiert wird. Der Vergleich hinkt zwar, aber die Buchdruck-Kunst war wesentlich länger verpöhnt Du bist der 2. Leser dieses Posts. Frühere Artikel: Der Kindersammler | Überraschender Anfang | Star Trek XI und frühere Zeiten | Brötchen-Abmahnung | Jauch machts doch nicht | iPhone Video | Mittelerde und Regierungswebseiten | iPhone – Rechte bei Cisco | Seitenarchiv | WordPress 2.1 und Content-Ausleihen | […]

  11. […] Wie mit etwas Zeitverzögerung bekannt wurde, hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 08.12.2006 (Az.: 2 BvR 1330/06) einen Blog zitiert, konkret den Blog des Kölner Kollegen Senol. […]

  12. Blawgs als zitierfähige Literatur vom BVerfG anerkannt…

    Weblogs, sind das nicht diese Internettagebücher, in denen Kids über Belanglosigkeiten ihres Lebens berichten? Wenn Business-Blogs verschiedentlich mit diesen Vorbehalten konfrontiert werden, lohnt sich jetzt ein Verweis auf die Entscheidung des Bund…

  13. Ich muss meinem Universitätsprofessor unbedingt von diesem Fund berichten. Bisher hieß es immer, „das Internet darf nicht als Zitatquelle benutzt werden“.

    Mit dieser Entscheidung werden einige Professoren und besonders die Wichtigtuer von wissenschaftlichen Mitarbeitern einen gewischt bekommen!

    Ich freue mich schon auf die näcshte Vorlesung am Montag!

    Vielen Dank!

 

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