Eigenständiges Integrationsministerium nach der Wahl 2009?

11. August 2008 | Von | Kategorie: Leitartikel, Politik | 9 Kommentare |

Die ungelöste Integration von Zuwanderern sei nach Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der „Stern“-Chefredaktion, das gefährlichste soziale Problem in Deutschland. Daher sei es Zeit für einen entschlossenen Schritt: die Schaffung eines eigenständigen Integrationsministeriums nach der Wahl 2009.

Deutschlandfahne

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Mögliche Kandidaten seien Maria Böhmer (aktuell Staatsministerin für Integration), Heinz Buschkowsky (SPD-Bezirksbürgermeister von Neukölln) oder Seyran Ates (türkischstämmige Frauenrechtlerin). So nobel die Idee eines Integrationsministeriums auch ist, über die Kandidaten sollte Herr Jörges aber doch noch einige Male schlafen.

Maria Böhmer hat sämtliches Vertrauen während ihrer Amtszeit als Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration bei Migranten verloren. Sie hat ihre gesetzlich vorgegebenen Aufgaben – nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen von Ausländern entgegenwirken und ihren Belangen zu einer angemessenen Berücksichtigung verhelfen – nicht wahrgenommen. Sie war eher damit beschäftigt, die Gesetzesverschärfungen der letzten Jahre auf dem Gebiet des Ausländerrechts für die Union schön zu reden oder ausländerfeindliche Wahlkämpfe von Parteikollegen zu unterstützen.

Für Seyran Ates spricht ihr Migrationshintergrund; gegen sie spricht jedoch – der Autor spricht es selbst an – ihre Funktion als Frauenrechtlerin. Ein Integrationsministerium sollte Migranten aus allen Lebensbereichen und in ihrer Gesamtheit ansprechen können.

Für Heinz Buschkowsky spricht seine Erfahrung als Bezirksbürgermeister im Problemviertel Neukölln in Berlin. Gegen ihn spricht jedoch seine mittlerweile typische Art, Probleme reißerisch anzusprechen. Seit 2004 verging kein halbes Jahr, in dem Neuköllns Bürgermeister mit seinen polternden Parolen nicht im Fokus der öffentlichen Aufregung stand. Weder hat er die Ermordung Theo van Gogh’s oder die Autobrände in Frankreich noch die Rütli-Schule ausgelassen, um Horrorszenarien für Deutschland zu zeichnen.

Eines haben alle drei Kandidaten gemeinsam: sie genießen kein Vertrauen bei Migranten. Ein Integrationsminister müsste aber zuallererst Migranten erreichen und ansprechen können, um Problembewusstsein zu wecken. Erst im Anschluss dessen ist es möglich, Probleme gemeinsam anzupacken – Integration von unten nach oben. Ein weiterer Posten auf Staatsebene, von der von oben herab diktiert wird, braucht Deutschland nicht. Davon gibt es bereits mehr als genug.

Ein Möglicher Integrationsminister muss aber auch die Mehrheitsgesellschaft erreichen können, von denen die erfolgreiche Integration von Migranten maßgeblich mit abhängt. Ein Minister mit Sinn für Differenzierung und Sachverstand muss dafür sorgen, dass Vorurteile abgebaut werden, damit Migranten in der Schule, auf dem Wohnungs- oder Arbeitsmarkt etc. die gleichen Chancen haben. Ohne Abbau von Diskriminierung, Ressentiments und Rassismus, wird Integration ein Wunsch bleiben, der nie in Erfüllung gehen wird.

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Ein möglicher Integrationsminister muss jemand vom Fach sein und durch Sachlichkeit und Fingerspitzengefühl glänzen. Wie wichtig erstere ist, erkennt man, wenn man sich die Debatten vergangener Jahre anschaut, die an Polemik kaum mehr zu überbieten waren. Fingerspitzengefühl – ein bisher weitestgehend unbeachteter und unterschätzter Faktor – darf ebenfalls nicht außen vor gelassen werden. Nicht umsonst wird häufig von Loyalität oder Heimatgefühl in diesem Zusammenhang gesprochen.

9 Kommentare
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  1. Ich schließe mich dem vollkommen an. Deutschland braucht eine/n Intergrationsminister, die oder der das Vertrauen der Migranten erworben hat und nicht mit Knüppel und Degen „zwangsintegriert“ oder besser gesagt assimiliert. Dazu ist es hilfreich auf das Thema Ehegattennachzug zu greifen.

  2. Ich denke das wir solch ein Ministerium bzw. Minister/in nicht brauchen.
    Die Intergration hat auf so vielen ebenen schon gefruchtet , das wenn man mal diese ewigen Vorurteile nicht aufbauen würde , erkennen könnte wieviele schon in der Deutschengesellschaft funktionieren.
    Nur diese Menschen fallen nicht auf , weil man halt immer wieder auf die Negativ beispiel achtet bzw immer wieder darauf hingwiesen wird.
    Ausserdem muß jemand der in diese Position kommen soll , auf dem weg dahin sovielen Personen und Ämtern gegenüber kompromisse eingestehen , das wenn der jenige dort ankommt , mit seinem Hauptauftrag nichts mehr zu tuen hat.
    So funktioniert nun mal Politik ,auch hier in Deutschland !

  3. Der obige Artikel von Hans-Ulrich Jörges (BBA-Syndrom – Blond und Blaue Augen) im Stern ist eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung wert. Denn in der Summe wettert unermüdlich gegen die „Türken“! Nach dieser Leseart, bräuchten wir ein „Ministerium gegen Türken“, nichts anderes ist damitgemeint! Das sind eben die Artikel und Kommentare, die dem „DER STÃœRMER“ alle Ehre machen, und wer die Leser zuschriften si´ch im Internet anliest kann nur diese Intitialzündung vertefend reinziehen.

    Woher kommt nur dieser enorme Hass?!

    Eine Erklärung ist wohl, dass wir sozusagen so eine Art zu einer Ersatzdroge für die Deutschen geworden sind, weil man ja nicht gegen die JUDEN wettern darf! Obliegt und wirkt denn das Monopol der Volksverhetzung nur bei Juden? Deswegen ist es wohl gut, dass es uns wenigstens gibt! Denn auf uns wird dann die ganze braune Brühe gegossen, dass haben leider nicht einmal unsere eigenen Leute begriffen!! Sie aber sind durchdrungen von einem großen SELBSTHASS!!

    Was hat denn ein Erfolg gebracht den Juden vor der Shoah? Genau, man hat sie wegen ihres Erfolges angefeindet! Was man auch tut ob Verlierer oder als Erfolgreicher mit Weltformat, man ist immer das Ziel!

  4. @ Delice
    Meinen Sie nicht zu hart ins Gericht gehen ?
    Weil das was man nicht ertragen will soll man aber auch anderen nicht zufügen ! , oder ?

  5. @ E:S.

    Ein Minister mit Sinn für Differenzierung und Sachverstand muss dafür sorgen, dass Vorurteile abgebaut werden.

    Mit Verlaub, lieber Ekrem, wie stellst Du Dir das vor? Vorurteile bzw. genauer gesagt, Urteile, enstehen z.B. durch sowas.

    Auch nicht schlecht ist dies hier.

    Man könnte diese Aufzählung bis ins Unendliche fortführen. Jeden Tag kommen diese Nachrichten, sie befördern die Ablehnung. Und deswegen ist auch Jörges ratlos. Sein Ruf nach einem Integrationsministerium führt nämlich in eine Sackgasse. Dieses Ministerium wäre nur ein Alibi, schließlich kann man Akzeptanz nicht verordnen oder gar erzwingen.

  6. @ riccardo:

    Ich meine, dass Sie die Bedeutung des Begriffes Vorurteil verkennen. Laut Wikipedia soll es bedeuten:

    Ein Vorurteil ist ein vorab wertendes Urteil beziehungsweise eine im Allgemeinen wenig reflektierte Meinung – ohne verständige Würdigung aller relevanten Eigenschaften eines gewerteten Sachverhaltes oder einer Person. Anders als ein Urteil ist das wertende Vorurteil für den, auf den es sich bezieht, häufig Ausgangspunkt für entsprechend motivgesteuerte Handlungen, bisweilen so besehen – zumindest zeitweilig – zweckdienlich.

    Was bitte sagen ihre aufgeführten – und von mir aus auch die unendlich vielen nicht aufgezählten – Beispiele über Auslädner in Deutschland im gesammten aus? Sie pauschalisieren, wenn Sie aus Einzelfällen auf alle schließen und irgendwelche Zustände aus dem Ausland auf Deutschland projezieren.

    Ein Integrationsministerium, der seine Aufgaben gut macht, wäre insofern von Vorteil als dass das Thema aus dem Ressort des Innenministeriums weg wäre, wo „Integration“ häufig mit Gefahrenabwehr und Terrorismusbekämpfung verwechselt wird. In den Händen Maria Böhmers war Integration sowieso nie richtig.

  7. @E.S.

    Unsinn Ekrem, ich habe weder pauschalisiert noch gewertet. Ich will Ihnen nahebringen, warum das Ansehen der Türken in Deutschland so schlecht ist, wie es ist, und auf welcher Grundlage Menschen sich eine Meinung bilden. Sie haben ein Problem. Sie leben in diesem Land, verstehen aber nicht,nach welchen Kriterien diese Meinungsbildung stattfindet. Es ist ja offensichtlich nicht so, dass Deutsche Ausländern insgesamt kritisch gegenüberstehen. Deswegen habe ich auch nicht über Ausländer im allgemeinen, sondern über Türken im speziellen gesprochen. Das ist doch wohl das Problem um das es hier geht. Selbst unser Mitkommentator @delice hat das messerscharf erkannt, wenn er in #3 ein „Ministerium für Türken“ argwöhnt, weil in allen Statistiken die Türken am schlechtesten unter allen Immigranten abschneiden. Nun muss man dem armen Jörges ja nicht unbedingt Volksverhetzung vorwerfen, weil er der Ãœberbringer der schlechten Nachricht ist. Allerdings muss man ihn dafür tadeln, dass er der Regierung vorwirft, sie verschweige sensible Daten und Zahlen. Er hält ja schliesslich den Kopf nicht hin, wenn anschliessend die -Vergrabene Bombe-,wie er das nennt, wirklich hochgeht.
    Jedem sind andererseits die von ihm genannten Zahlen zugängig, und jeder kann seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Das gilt auch für Sie und Ihre Community.

  8. @ riccardo

    Nicht doch! Bringt uns ja nicht weiter, wenn Sie es tun und anschließend leugnen. Sie haben hier Einzelfälle aufgeführt, aufgrund derer Sie sich Ihre Meinung bilden und unterstellen, jeder würde das tun. Würde man Einzefälle eben als solche Betrachten, käme man erst gar nicht so weit, ein Urteil oder Vorurteil über Ausländer oder von mir aus Türken im allgemeinen zu bilden.

    Die Krieterien der Meinungsbildung meine ich zu kennen. Nicht anders als in allen anderen Ländern der Erde auch: Die Medien bestimmen, was gelesen, geschaut und gedacht wird in der Breite. Und die Berichterstattung in den Medien ist in den allermeisten Fällen leider alles andere als objektiv, sachlich oder ausgewogen. Es gibt viele Studien, die das belegen aber kaum eine, die das Gegenteil behauptet, geschweige denn belegt. (Siehe auch im Anhang nach weiteren Studien).

    Tabelle 1: Rangliste der Items in den Bundestagsdebatten 2000-2001
    1. Allgemeine Aussagen gegen Diskriminierung aufgrund der Religion 17,8%
    2. Aufruf zu Dialog mit dem Islam, zu Prävention und Bildung 9,1%
    3. Schuld der (deutschen) Gesellschaft an Desintegration der Muslime 9,1%
    4. Islam nicht als Ursache, sondern als Legitimation für Extremismus 6,2%
    5. Muslime als Terroristen 5,8%

    Tabelle 2: Rangliste der Items in den Bundestagsdebatten 2003-2004
    1. Aufruf zu Dialog mit dem Islam, zu Prävention und Bildung 14,7%
    2. Muslime als Terroristen 10,5%
    3. Der Islam als Gefahr 7,7%
    4. Nur wenige Muslime werden zu Terroristen 6,0%
    5. Muslime sind antisemitisch eingestellt 5,0%

    Siehe auch Tabelle 3 auf Seite 18!

    Tabelle 4: Rangliste der Items im Spiegel 2000-2001
    1. Muslime als Terroristen 26,4%
    2. Muslime als Opfer 11,1%
    3. Muslime sind anders im negativen Sinn 10,7%
    4. Kritik an einer Stigmatisierung des Islams 5,0%
    5. Aufruf zu Dialog mit dem Islam, zu Prävention und Bildung 4,5%

    Tabelle 5: Rangliste der Items im Spiegel 2003-2004
    1. Muslime als Terroristen 31,3%
    2. Muslime sind anders im negativen Sinn 10,2%

    3. Muslime als Opfer 8,0%
    4. Falsche Toleranz gegenüber Muslimen 5,1%
    5. Nur wenige Muslime werden zu Terroristen 3,7%

    Und woher haben Sie bitte die Information, dass Türken am schlechtesten unter allen Immigranten abschneiden? Worin? Was haben Sie bitte gelesen oder gesehen, dass Ihnen diese Meinung vermittelt hat?

    Wie sie zutreffend feststellen, sind die Zahlen, die Jörges für Verschlusssache ausgibt, jedem zugänglich und überhaupt kein Geheimnis. Im Gegenteil: Wie gerne Zeitungen Pauschal verurteilen und für Vorurteile sorgen, hat man ja während des hessischen Wahlkampfes gesehen.

    Und noch einmal: Probleme muss man ansprechen und angehen. Keine Frage. Dabei muss man aber mit größter Vorsicht dafür sorgen, dass nicht unbescholtene Menschen mit unter Generalverdacht gestellt werden. Das führt nicht nur dazu, dass er sich ausgegrenzt vorkommt, sondern auch dazu, dass er ausgegrenzt wird. Beides hindert die Integration und das wollen wir ja nicht.

  9. Ein integrationsministerium? Wofür? Zur Deportation?
    Vielleicht sollte der ganzen Integrationsdebattenhochheitsgesellschaft Neurexan verschrieben werden.

    Während ich das schreibe bilden die „Wut“ gegen „Anti-Türken-Gesetze“ auf der einen Seite und die Aspekte der Aufklärung, der Gerechtigkeit und dem Willen zur Umformierung gesellschaftlicher Bedingungen auf der anderen Seite den vielschichtigen Grundstock meiner Motivation in gesellschaftspolitischen Fragen.
    Dass ich das denke, ist nicht mein „Problem“. Es ist auch kein gesellschaftliches „Problem“. Das Problem ist, dass wir uns damit herumschlagen müssen, das „deutsche Volk“ und seine Freunde ( die Sarrazin-Affäre bringt eine Top-ten Liste der Ethnien hervor) vor einer bösen, problembeladenen Türkenschaft (oder Community) angemessen zu schützen.

    Es ist, was es ist- furchtbarer Faschismus.

    Anhand von kulturellen und künstlerischen Arbeitsprozessen und unterschiedlichen Formen der Bildung sind das gerechte, demokratische und friedliche Zusammenleben in einer kulturell vielfältigen Gesellschaft vermittelbar- das wissen wir alle.

    Wir verfügen über ein breites Wissenspektrum, über dessen „Erreichbarkeit und „Zugänglichkeit““ es in Zeiten des Internets nicht zu reden lohnt. Wir wissen auch, dass sich ein Großteil der hiesigen Bürger nicht gezielt für eine friedlich und bedacht gesteuerte Wissensaneignung stark machen, sondern bestimmte Verlage und Sender ( und damit auch politische gesteuerte Interessen- und Machtstrukturen) nähren und sich dafür inhatlich und moralisch von diesen ernähren.

    Das alles wissen wir. Und?

    Ich beobachte und sehe – glasklar, wie eine Glaswand, dass die deutsche Gesellschaft immer introvertierter und selbstbezüglicher wird. Diese Selbstethnisierung in Form von Fremdheitsbildern, für die nun Ministerien und bürokratische „Sonderzweige“ eingerichtet werden, führt uns zurück- ein halbes Jahrhundert.
    Was die Kanditaturen betrifft: Wer soll sich mit wem identifizieren? Migranten? Die neuen oder die alten oder die schon immer hier waren ( moment, dass sind ja keine MIgranten, oder doch) oder wie jetzt?

    Wer einmal in einem Landtag einer Sitzung mit dem Thema rund um „Integration“ und „Migration in Deutschland“ beisitzen durfte, merkt schnell, dass Sarrazin kein Einzelner ist und der verspätete Kulturkolonialismus in Deutschland einen gefährlichen Nährboden bildet. Das Deutschland keine Kolonialmacht war, hat im Gegensatz zu den anderne europäischen Staaten, einen tiefgreifenden „Komplex“ entwickelt.
    „Nicht-Blutsdeutsche“ werden als „andere“ und „fremde“ bestimmt. Diese „Wanna-be“ imperialen Praktiken sind vor allem verspätet und veraltet und zunehmend auch ernsthaft gefährlich, da dieser Selbstethnisierungsprozess in direktem Kontakt zu dem „Anderen“ steht. Das “ Andere“ erkennt die Andersartigkeit nur bedingt an und es werden Kompromisse eingegangen ( auch mit Hilfe „anderer“ Anderer, wie besipielsweise die jüdische Gemeinde).
    Diese Eindrücke könnten endlos mit Beispielen weitergeführt werden. Zum Abschluss bleibt :

    Deutschland sucht das Suppenhuhn. Casting im Integrationsministerium.
    Exotisierende Pseudokosmopoliten sind furchtbar. Ihre Gesetzte unerträglich.

    Ein Integrationsministerium ist ein subversives bürokratisches Organ, was „Ausgrenzung“ monopolisiert. Wieso sollten „Bürgerfragen“ aus dem Innenmisniterium ausgelagert werden? Wenn das „Innenministerium“ keinen inhatlichen Rückhalt beweist, müssen sich eben dort die Strukturen ändern, sonst wird eine Entwicklung nie möglich sein.

 

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