Kritik an der Integrationsstudie „Ungenutze Potenziale“

26. Januar 2009 | Von | Kategorie: Gesellschaft, Leitartikel | 10 Kommentare |

Die Studie des Berlin-Institus „Ungenutze Potenziale“ über die Integration von Einwanderern in Deutschland erfährt heftige Kritik. Für den Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sind „die Zeiten gegenseitiger Beschuldigungen“ vorbei. „Wir müssen als Gesellschaft zu einem gemeinsamen Diskurs kommen“. Die aktuelle Integrations-Studie verdeutliche vielmehr die gesellschaftlichen Probleme einer Unterschicht und stelle kein ethnisches Problem dar, wie die Studie es zeige. Daher fordert Kolat die Politik zur Umsetzung des Integrationsplans und zur Gleichstellung der Bildungschancen von In- und Ausländern auf.

Studie: Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland

Studie: Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland

Ähnlich lauten auch die Forderungen Mehmet Kilics, Vorsitzender des Bundesausländerbeirates. Zunächst prangerte er das deutsche Schulsystem an, welches Migrantenkinder benachteilige, und rief anschließend die Bundesregierung zu stärkeren Integrationssignalen auf. Demzufolge sollte den Migranten das Gefühl vermittelt werden, dass auch ihre Kinder die „Zukunft der Gesellschaft“ seien. Daher dürfe es bei der Einbürgerung keine Hürden geben.

Hingegen dürfe aber die Aufgaben der Eltern nicht zu kurz kommen. Es sei sehr wichtig, dass beispielsweise den Kindern schon im Vorschulalter zweisprachig vorgelesen wird. Man solle die Erziehung keinesfalls vernachlässigen.

Die Studie des Berlin-Instituts zur Integration von Migranten in Deutschland besagt, dass die türkischstämmigen Migranten in Deutschland im Vergleich zu anderen Migrantengruppen am schlechtesten integriert seien. Basierend auf den Mikrozensus 2005 wurden rund 800.000 Personen nach Kriterien wie Bildungsstand, Einkommen oder das Ausüben von „Vertrauensberufen“ wie Arzt oder Lehrer untersucht. Demzufolge hätten 30% aller türkischstämmigen Migranten keinen Schulabschluss.

Unbeeindruckt von der Studie zeigt sich Bülent Arslan, Vorsitzender des Deutsch-Türkischen Forums der CDU in Nordrhein Westfalen: „Mich überrascht das Ergebnis nicht. Für mich war immer klar, dass die Probleme, die wir im Bereich der Integration haben, bei den Türken am stärksten sind.“ Der Misserfolg leite sich davon ab, dass etliche Zuwanderer in ihrer Heimat keine Schule besucht hätten und demzufolge auch ein „niedriges bis niedrigstes“ Bildungsniveau haben. Die Folgen dessen hätten heute noch Einfluss auf die zweite oder dritte Generation der Migrantenfamilien in Deutschland.

Andererseits seien die politischen Versäumnisse im Bereich der Integration türkischer Einwanderer in Deutschland unübersehbar. Bis zum Ende der 90er Jahre hätte die deutsche Politik die Integration mehr oder weniger übersehen und sei untätig geblieben. „Jetzt fängt man an, aber das wird alles noch eine gewisse Zeit brauchen.“

Die Landtagsfraktion der CDU wies jegliche Verantwortung für die schlechte Bilanz von sich: „Die Ergebnisse der Studie sind eine traurige Schlussbilanz der 2005 abgelösten rot-grünen Landesregierung. Die Datengrundlage der Studie ist der Mikrozensus von 2005“, sagte der CDU-Abgeordnete Michael-Ezzo Solf.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), plädiert für ein noch stärkeres Engagement bei der Integration. „Wir kämpfen heute mit den Versäumnissen der Vergangenheit“, sagte Böhmer im „ZDF-Morgenmagazin. Ãœber lange Jahre habe es nicht die Weichenstellungen der Integration gegeben wie jetzt. Und es könne auch nicht in drei, vier Jahren alles aufgeholt werden, was über 50 Jahre versäumt worden sei. Böhmer nannte die Zahlen ‚“dramatisch“, allerdings stammten sie aus dem Jahr 2005.

Links zur Studie:

10 Kommentare
Hinterlasse einen Kommentar »

  1. Hallo Jurblog-Team,
    ich habe gerade die Studie im Spiegel gelesen und möchte eine eigene Beobachtung zum Thema beitragen:
    Ich arbeite im Integrationsbereich (Sprachkurse) bin mit einem Orientalen verheiratet, der seit 8 Jahren in D. ist und nach einer Berufsausbildung im medizinischen Bereich arbeitet. Ich denke, dass ich recht „nah dran am Thema“ bin.
    Mein aktuelles Beispiel aus einem Kurs: frisch eingereister junger! Ehemann aus der Türkei muss (obwohl der Beste im Kurs) seinen Integrationssprachkurs nach nicht mal ganz 600 Std. abbrechen (Kursleiter empfehlen seiner deutsch-türkischen Frau dringend, dass er noch weitere 300 Std. beantragt und das Zertifikat Deutsch macht, damit evtl. eine Ausbildung o.ä. begonnen werden kann). Der Teilnehmer soll aber jetzt im Betrieb des Onkels auf dem Bau arbeiten. Argument der (berufstätigen, kinderlosen) deutsch-türkischen Ehefrau: „Meine Brüder (hier in D.) kriegen auch keinen Ausbildungsplatz!“
    Hinweise der Kursleitung, dass im Heimatland schulisch ausreichend gebildete Neuankömmlinge, die einigermaßen erfolgreich Deutsch lernen, sehr wohl Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben, wurden nicht zur Kenntnis genommen. Es ist ein Irrtum, dass man als Zuwanderer keine Chancen hat! Viele unserer erwachsenen Kursteilnehmer in den Sprachkursen konnten eine Ausbildung, ein Praktikum-zum-Job oder ein Studium aufnehmen. Es besteht durchaus Interesse, dass mehr Zuwanderer auf verantwortungsvollen Positionen landen.
    Nur bei den türkischen Zuwanderern hat es bisher nur eine junge Frau aus unseren Sprachkursen als Auszubildende/Angestellte der Stadtverwaltung geschafft (nach 2,5 Jahren Aufenthalt in D.) Ich arbeite auch an einer Uni und habe dort Kontakt mit türkischen (Gast-)Studenten, deren Kommentar (ungefragt): „Hier in Deutschland wohnen doch nur die Penner.“ (gemeint: „einheimische“ Türken)
    Deshalb ist mein Fazit: es handelt sich hier nicht um eine ethnische Frage, wie oft behauptet wird. Es ist einfach keine Bildungselite nach D. eingewandert, sondern Menschen mit Grundschulbildung oder ohne Schulbesuch und diese „Nicht-Literarizität“ und Bildungsferne pflanzt sich leider in vielen Familien über Generationen fort. Empfehlungen der Kursleiter/Ausbilder/Multiplikatoren werden oft von den deutsch-türkischen Familienangehörigen als unzulässige Einmischung äußerst patzig beantwortet. (Trotz formal perfekter Deutschkenntnisse sprachlich noch nicht angekommen)
    Ein weiteres Fazit aus einigen Wochen Sprach- und Wissenstanderhebung mit langzeitarbeitslosen Hartz-IV-Migranten(die Mehrzahl aus der Türkei): Es muss mehr niedrigschwellige Bildungsangebote und Alphakurse (funktional) des Bundesamtes mit noch mehr Unterrichtsstunden geben!!!
    Danke, dass Sie meinen Beitrag gelesen haben.

  2. hallo Wilhelmine,
    Sie liefern uns ein typisch sozialpädagogisch-deutsches Herangehen an das, was Sie für das Problem halten.
    Dabei beachten Sie nicht, dass es nicht ihr persönlicher und auch nicht der staatliche Auftrag sein kann, Lebensentwürfe vorzugeben und durchzusetzen.
    Wenn der klassenbeste Kursteilnehmer im Betrieb eines Angehörigen einen auskömmlichen sicheren Job bekommen kann, ist das Argument mit den sich vielleicht ergebenden Chancen nach einem erfolgreichen Schulabschluß nicht sehr nahe bei der Lebenswirklichkeit des Betroffenen.
    Wenn dessen deutsch-türkische Schwäger bereits die Erfahrung gemacht haben, dass ihnen ein Schulabschluß eben nichts nützt, bleiben ihre Hinweis auf mögliche Chancen natürlich ungehört.
    Es hilft uns auch wenig, wenn eine türkische Elite, oder was sich dafür hält, genau so argumentiert, wie ein deutscher Stammtisch.
    Die Probleme sind schon ein wenig komplexer, als dass aus einem Einzelfall Lösungen abgeleitet werden könnten.
    Selbstverständlich ist Bildung der Schlüssel zum Erfolg und eben so selbstverständlich sollte auch die indiviuelle Verantwortung für den weg zum Erfolg sein.
    Nur darf man die bestehenden gesellschaftlichen Hemnisse eben nicht unbeachtet lassen.
    Frustrationstoleranz erarbeit sich niemand dadurch, dass er von außen in jedem Bemühen frustriert wird. Da wird er es vielleicht erst mal mit Trotz versuchen.
    Da haben sie dann allerdings wieder völlig recht; das ist kein ethnisches Problem.
    Der chancenlose „urdeutsche“ ist da nicht weniger trotzig, als der chancenlose Zuwanderer.

  3. Es sind viele Ursachen auf beiden Seiten, die dieses Dilema hergerufen haben.

    Das fängt damit an, dass man gerade türkischen Staatsbürger nicht einmal eine doppelte Staatsbürgerschaft versagt, obwohl mittlerweile jedem, aber auch jedem diese gewährt. Den Türken wirft man z.B. Illoyalität oder Identitätshemnisse vor. Nur sind diese nur vorgeschobene Einwände, weil das eben nicht stimmen kann, denn, wenn selbst Staatsangehörge streng muslimischer Staaten dieseerhalten und gegem dem so genannten Westen in Gegenerschaft, gar in Feindschaft stehen offenbart es die große Lüge!

    Gerade diese Eliten sind ja auch einer dieser Hemmschuhe. Denn die meisten von Ihnen Reden nicht nur den „Deutschen“ nach dem Munde, sondern blenden diese auch – bis jetzt! Von denen ist nicht viel zu erwarten!

    Natürlich tun auch der Rest für die eigene Bildung und auch für die der eigenen Kinder!

    Aber was nützt Einem all die große Bildung und all die schönen Berufsabschlüsse, wenn es später eh sehr eng wird?

  4. Man muss natürlich eingestehen, dass nich unbedingt ein großer Wissensdurst bei der Mehrheit von türkischstämmigen Bürgern herrscht. Es herrscht immer noch der Geist der Geldmaschine. „Wenig schlaf – viel Arbeit!“, das könnte das Leitmotto überhaupt für viele sein! Ein Buch oder eine Tageszeitung zu kaufen bedeutet ein Verlust an Sparsamkeit, von einer Leselust möchte ich ganz und gar schweigen!

  5. @ Wilhelmine
    Ich wollte noch zuIhrer “ Elite “ Aussage etwas hin zu fügen.
    Als in den 1960 / 61 / 62 Jahren die Türkei mit der BRD ein abkommen geschlossen hatte , wurden in der Türkei Agenturen geschaffen , wodurch geprüft werden sollte , das die Menschen die in die BRD Auswandern ein gewisse maß an Bildung erfüllen .
    Man wollte nicht den Hirten aus dem tiefsten Anatolien in die BRD schicken.
    Als durch diese Agnetur gehindert , nach dem empfinden des Deutschen Unternehmers , zu wenige nach Deutschland geschickt wurden , sind besagte Unternehemen selber los gezogen und haben selber diese Menschen aufgesucht.
    Später hat man die hier schon angekommen darauf angesprochen ob sie nicht Bruder , Onkel , Neffe oder Cousin noch zuhause hätten der Arbeiten möchte.
    Somit ist das „Elite“ Problem , ein selbst verursachtes Problem.
    Schade !!!!!!!!!!!

  6. Zum ersten Mal bestätigt eine wissenschaftliche Untersuchung etwas, was ich hier und anderswo schon seit Jahren predigen: Es gab, es gibt und es wird keine Integration geben! Jedenfalls nicht das, was man sich wünschen würde. Um dieses Thema einigermaßen begreifen zu können muss man einiges auch selbst durchgemacht haben. Bevor ich mich dieser Studie widmen würde, möchte ich doch einmal eine eigene bittere Erfahrung hier veröffentlichen. Denn da erst habe ich selbst feststellen können, dass nur die wenigsten Menschen aus der Türkei ernsthaft an einer Bildung wirklich interessiert sind. Im Grunde genommen müsste ich schon damals längst verzagt haben. Ehrlich gesagt bin ich es schon.

    Vor über 10 Jahren hatten wir, ich und meine Ehefrau, uns vorgenommen eine mehrheitlich türkische Buchhandlung und Buchversand zu eröffnen. Es lag nämlich nahe, denn sie war sehr bewandert in türkischer Literatur und Sprache. In dieser Zeit war ich auch arbeitslos und das Arbeitsamt gab uns 4.000,- DM zur neuen Existenzgründung dazu. Und weil die Menschen aus der Türkei doch nach über 40 Jahren der selbstauerlegten Diaspora hungrig, ja sehnsüchtig nach der türkischen Sprache in Wort und Schrift sein müssten, nannten wir unsere Unternehmung „HASRET DAGTIMEVI“.

    Wir mieteten uns also ein großen Raum und knüpften an nicht wenigen Verlagen Kontakte, die uns dann mit Büchern beliefern sollten. Ein Verlag schickte sogar seinen Vertriebschef zu uns, der zufällig in Deutschland weilte, und auch ihn konnten wir zu unserem Projekt gewinnen, der uns großzügige Konditionen anbot, um unseren Start so angenehm wie es geht zu machen. Die Investitionen waren für unsere Verhältnisse beträchtlich! Der Eifer war trotzdem sehr groß!

    Mit der Eröffnung schalteten wir auch eine Werbung in zwei politisch gegensätzlichen Tageszeitungen für einen Monat, der „TÜRKIYE“ und der „MILLIYET“. Damit wollten wir auch unsere Vielfalt demonstrieren, also Erhaben über irgendwelchen Ideologien. Ein jeder sollte sein Buch erhalten. Wir schrieben an jeden der damaligen Oberbürgermeister unseres Großraumes an, um uns Wege zu zeigen und uns auch in unserem Vorhaben zu unterstützen. Wir schrieben deutsch-türkische Elternverbände an. Wir schrieben damals Gott und die Welt an. Und kein einziger interessierte sich für uns! Von einigen wenigen Bestellungen über die Post, war auch nicht viel von der türkischen Seite zu hören. Wir hatten selbstangefertigte und bebilderte Broschüren angefertigt, und diese in jedem irgendwie türkisch klingenden Briefkasten hineingeworfen, in unserer Stadt, also Erlangen und den in Fürth und Nürnberg. Hatten DIN A 3 Plakate angefertigt. Es half nichts! Nur sehr wenige fanden den Weg zu uns.

    In meiner Not, packte ich nicht wenige Bücher in Waschkörbe und ging in die Vereine, Moscheen und in die Männer-Cafe´s. Auch da die gleiche Enttäuschung. Die Leute bemühten sich nicht einmal ihren Kopf leicht zu erheben, um nur auch einmal sich zu fragen, wer da bloß da steht, sie spielten weiten ihre Kartenspiele. Das sind nur die wenigen Vorfälle denen ich begegnet bin, die ich noch gutmütig wiedergebe! Einer sagte sogar einmal, er sei stolz, dass er keine Bücher lese. Ach, ja und unsere so genannte Elite an der Universität zu Erlangen-Nürnberg? Ja, die blieben auch aus!

    Nach über 50 Jahren haben viele dieser Menschen immer noch nicht begriffen, dass es ohne Wissen, also ohne Lesen und damit Bildung, sie nur einer Tätigkeit nachgehen können und das wäre nur das Putzen! Aber ist das dann ein Lebensinhalt, und muss es so Weitergehen?! Vielen gefällt es wohl dennoch, denn sie sind anscheinend damit zufrieden.

    Es ist eine gewisse große Gleichgültigkeit, auch mit dem eigenen Schicksal. Aber diese Gleichgültigkeit herrscht nun mal überall, bei der deutschen Bevölkerung, den Politikern und den Medienvertretern und bei den Entscheidungsträgern in Unternehmen. Eigentlich ist jeder mit sich und seinem Tun höchstzufrieden. Eigentlich erübrigt sich jedwede weitere Diskussion, denn wer 50 Jahre sich Scheintot erklärt, der kann es doch die weiteren 50 Jahre auch noch!

    Jedenfalls müsste ich damit bedient sein, nach dieser großen Enttäuschung und fast finanziellem Ruin! Auch ich gestehe, dass es bei mir so etwas wie eine Verachtung aufkommt. Niemand kann doch sich derart schlechtes wünschen, wie einen Stillstand oder gar Rückschritt!

    Große Hoffnungen habe ich nicht mehr, auch nicht an den wenigen, die angeblich, die Vorzeige-Türken seien. Denn auch sie sind in der Mehrheit in ihrem Wesen, ähnlich der ihrer Eltern: Zahnlos, unterwürfig und ein bisschen irgendwie auch dadurch letztendlich gewissenlos. Nur sich selbst liebend und auf Eigennutz und im eigenen Interesse hörig. Nun ja, verdenken kann man das ihnen auch nicht, denn die große Masse ist eh nun mal Undankbar. Denn selbst als Betroffene in dieser leidigen Geschichte um den Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft sind sie so was von desinteressiert. So nach dem Motto lebend: „Irgend so ein Depp wird es schon richten. Hauptasche ich erscheine nicht darin vor und ich muss nichts dafür zahlen!“

    Ich denke die Studie zeigt alleine im verkürzten Teil von 8 Seiten einiges. Es offenbart höchst wissenschaftlich das Scheitern aller beteiligten. Das ist wirklich kein Wunder, nur ist sie nun endlich auch auf schwarz und weiß bewiesen. Wer die Ausländerpolitik in die Hände von Innenministern gibt, der darf sich nicht mehr darunter auch wundern, wenn der Türke immer noch am Anfang steht!

    Was ist das für ein Verständnis von Integration, wo man über eine auch sehr kurze Eigenschaft als Deutscher, auch noch seine alten Rechte als Ausländer verliert (§ 38 Aufenthaltsgesetz), nur weil man zwischenzeitlich türkischer Staatsbürger wurde und damit gemäß § 25 Abs. 1 StAG, unter dem Hintern urplötzlich dann die deutsche verliert und damit als Ausländer wieder definiert wird, diesmal aber mehr oder weniger dann aufenthaltsrechtlich einen embryonalen Status erhält, und damit auch nach über 40 Jahren, so gesehen wird, als käme man erst gestern an – in „Alamanya“!

    Man kann in deutschen Unternehmen am Arbeitsplatz nur dann bestehen, wenn man einen Gönner hat, der die schützende Hand über einem hält. Fällt dieser weg, ist man auch ganz schnell mit weg. Da Hilft auch kein Betriebsrat und auch keine Gewerkschaft mehr. Denn alles schon selbst zigmal durchlebt! Natürlich auch nur, wenn man überhaupt die vorherige Auslese überstanden hat!

    Auch die Gettos sind nicht so entstanden, denn zum einen gab es in der Ausländerpolitik der Kommunen auch mal das Streben, gerade die Türken an einem bestimmten Fleck zu belassen oder abzuschieben. Die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften bestimmten auch bestimmte Gebiete für uns, wenn man je eine Wohnung zugewiesen bekam. Deutsche Privatpersonen vermieten an Menschen aus der Türkei ohnehin sehr – sehr ungern, bis gar nicht! So dass wir mehr oder weniger gezwungen waren und immer noch sind, uns selbst dann eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen. Das sollte bitte schön nicht wieder falsch ausgelegt werden, so wie als ein Zeichen von vermehrtem Integrationswillen. Für die meisten Menschen ist es einfach die Not, um z.B. aus diesem so genannten Getto zu entfliehen! Da reden sich ansonsten die berufsmäßigen Integrationsbeamten was ein!!!!!

    Aber diese Studie ist der bewiesene Schandfleck einer verfehlten deutschen Ausländerpolitik. Es ist schön sich da bestätigt zu fühlen. Aber ich glaube nicht, dass diese Studie etwas zum positiven verändern wird, denn einfach zu stur sind eben vornehmlich die deutschen Innenminister. Sie sind in der Mehrheit zwar juristisch vorgebildet, aber treten unsere Rechte trotzig dennoch mit ihren Füßen, uns in die Augen sehend. Aber unsere Vertreter sind auch nur der blanke Hohn!

  7. Die Studie ist auch deshalb sehr erfreulich, weil sie zum ersten Mal, die hier lebenden Aussiedler erfasst. Und hier fängt schon die große Ungerechtigkeit an. Denn die Aussiedler erhalten mit dem ersten Fußtritt – auf dem geheiligten Boden der Vorfahren – in Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie haben dieses Land nie als ein Provisorium angesehen.

    Auf der anderen Seite zeugen gerade sie, die Aussiedler und Vertriebenen vom Osten, von der Unbeugsamkeit und der Verweigerungshaltung gegenüber etwaigen Bestrebungen für eine gelungene Integration in die jeweilige Mehrheitsgesellschaft, und erst nicht zu haben waren sie für eine Assimilierung. Erst recht spät haben sie wohl auch durch viele Ereignisse sich dortigen Partnern in geringer Zahl geöffnet, eben erst nach Jahrhunderten und nicht wenigen Zwangsumsiedlungen unter Stalin und auch später.

    Vom ersten Tag an, waren und sind sie vom Willen beseelt hier von Neuem anzufangen – in ihrer neuen selbst gewählten Heimat. Vor nicht langer Zeit erhielt ein Jeder von Ihnen – für bis zu 2 Jahre – einen Sprachkurs in deutscher Sprache und während dieser Zeit wurden Wohnungen und neue selbst ausgesuchte Möbel gestellt, und natürlich jede Menge Transferleistungen an sie überwiesen. Vornehmlich gingen Bürgermeister, mit einem Hintergrund aus dem Osten, in die Auffanglager und lockten sie mit guten festen Jobs in eigens für sie freigemachten Stellen in örtlichen Unternehmen. Wenn das nicht so ganz klappte in Behörden und öffentlich rechtlichen Anstalten oder städtischen Unternehmungen. Wer genau zuhört erkennt bei dieser Generation noch den östlichen Zungenschlag in ihrer Aussprache.

    Der Altkanzler Kohl ist für sie der Heilige Kohl, eine Ikone. Die CDU/CSU rekrutiert ihre treuen Wähler insbesondere aus diesem Bevölkerungsteil. Die Frau von Stoiber ist eine überzeugte Vertriebene, klar, dass da Herr Stoiber der Schirmherr wird bei ihren Veranstaltungen. Der Bundespräsident Horst Köhler ist z.B. aus Bess-Arabien unter dem osmanischen Begriff und heute bekannt als Moldawien/Rumänien.

    Und so gesehen schafften die vielen Zuschüsse und Lastenausgleiche, für verlorenes Leid und Land den leichten Übergang, daneben gab es jahrzehntelang fast geschenkte Existenzgründungdarlehen von der KfW und anderen Institutionen. Davon mal abgesehen, erhielten sie auch große finanzielle Hilfe und Bürgschaften, manche berichten von vielen zehntausenden Deutschmarks und Euros, für den Hausbau. Viele waren und sind eben auch Akademiker oder Facharbeiter. Erst jetzt, wo der Sozialismus aufgehört hat zu existieren, hat sich einiges umgekippt. Die (Spät)-Aussiedler galten in den Siedlungsgebieten im östlichen Raum schon seit Jahrhunderten als fleißig und puritanisch.

    Jetzt aber hat sich die Situation doch noch mittlerweile noch gedreht, das können die Studienerheber noch nicht erkennen oder wollten es nicht. Der Anteil früher war z.B. 80 Prozent deutschstämmige und 20 Prozent russische Verwandte und heute hat es sich um das Gegenteil gedreht, so dass unfreiwillig hierher gekommene junge Menschen mit Deutschland wenig anfangen können. Im Grunde sind es auch „echte“ Russen. Sie haben wenig mit Deutschen gemein, auch sie wollen unter sich bleiben! Sie sprechen mit Vorliebe russisch und verhalten sich auch so: Rau, derb, ordinär, gewalttätig und eben alkoholisiert. Manche Gefängnisse sind nicht geringer Zahl in russischer Hand. Die russische Mafia, auch gestärkt von der Heimat haben viele deutsche Städte unter sich aufgeteilt! Wer es nicht war haben, kann ja die entsprechenden Siedlungen und Ansammlungen besuchen, und zum schnuppern eine „Russen-Disko“ aufsuchen!

    Wer also dieses Land schon von Anfang an mit anderen Augen sieht und hier von Anfang an unterstützt und protegiert wird, und darüber hinaus andere Voraussetzungen mitbringt, hat eben einen ganz anderen Start.

    Wir aber hatten von Anfang an schlechte Bedingungen. Unsere Väter und Mütter sind nicht nur ganz anders behandelt und gesehen worden, sie mussten auch ganz andere Dinge verrichten. Sie mussten von Anfang an widrige und schlecht bezahlte Jobs erledigen, wo keiner das machen wollte. Verdienten häufig weniger Geld als deutsche Frauen, obwohl diese Frauen nach so genannten „Lohnleichtgruppen“ bezahlt wurden, also schlechter als deutsche Männer für die gleiche Arbeit! Ihre türkischen Frauen waren also auf Rang vier gesetzt! Innerhalb des Betriebes war also die Erste Welt, die Zweite Welt, die Schwellenländer und die Entwicklungsländer in einem vor Ort versammelt! Lebten in Heimen mit vielen in einem einzigen Raum. Deutsche Vermieter vermieteten auch schon mal ihre Autogarage gegen die gleiche Höhe an Miete einer ordentlichen Wohnung. Meist waren die Wohnungen sehr herunter gekommen und völlig überteuert! Und es gäbe viele dieser Widrigkeiten und unvorstellbaren Hürden.

    Auf der anderen Seite gab es auch noch deutsche Behördengründlichkeit, die ewigen Wadenbeißerein also und das deutsche Ausländerecht, dass sie sprichwörtlich immer noch als einen zu funktionierenden Untertan ansieht. Wer das Zuwanderungsrecht sich anliest, der kommt zu der Erkenntnis, dass der Ausländer hier nie Willkommen ist. Der Ausländer ist auf Gedeih und Verderb vom Wohlwollen und dem ihm übertragenen großen Ermessensspielraum der kleinen Sachbearbeiter und ihres Bürovorstehers abhängig, der aber auf Ausweisung, Abschiebung und rechtlicher Beschränkung oder gar rechtlicher Drangsalierung die Gesetze und Verordnungen geeicht, die er stets zu Lasten und Nachteil des Ausländers auszulegen hat und diese auch stets freiwillig – in voreiligem Gehorsam – auch voll erfüllt, während der Aussiedler oder Statusdeutsche von diesen rechtlichen Konstrukten und Verrenkungen, durch sein deutsche Staatsangehörigkeit – schon von Anfang an – verschont bleibt!

    Wenn man schon mit Wahrheiten auftischt dann mit allen Tatsachen bitteschön!

  8. Zu den weiteren hausgemachten Schwierigkeiten der Menschen hier, sind natürlich auch die importierten Unterschiede der türkischen Bevölkerung in der Heimat (selbst) mit verantwortlich, für dieses Dilema.

    Es gibt in der Türkei über 6 Millionen Menschen aus dem Balkan (Bosnier, Albaner, Pomaken usw.) und aus Griechenland, die aufgrund ihres Glaubens und/oder ihrer Herkunft, diese Länder haben verlassen müssen oder auch selbst wollten. Sie haben sich in der Türkei eigentlich gut adaptiert, sind so gesehen sehr erfolgreich.

    Dann gibt es Menschen aus dem Kaukasus und rund um das Schwarze Meer kommende Flüchtlinge, z.B. aus der Krim z.B. als Tatare usw.

    Im Norden, am Schwarze Meer leben auf der türkischen Seite schon immer Lazaren, auch versetzte muslimisch gewordene Pontus-Griechen und Armenier. Die Sprache der Lazaren hat mit dem türkischen nicht viel gemein.

    Dann gibt es die Fellachen im Süden, sie sind meist alevitische Araber, Yörük´s und Kurden.

    Die Liste der kleinen und großen Ethnien ließe sich leicht und beliebig erweitern. Und zu den Unterschieden in den Ethnien kommt auch die Palette der religiösen Unterschiede, auch als Hauptreligionen und deren Verästelungen in den jeweiligen Gruppen selbst.

    Nehmen wir z.B. die Kurden her, denn genau diese Unterschiede gibt es genauso auch in den jeweils anderen Gruppen:

    Da gibt es Yeziten, die Muslime, die wiederum unterteilt sind in Alevitien, Schafii und normale Suniten; dann die Christen, die auch wiederum unterteilt werden in syrianische, aramäische (katholische) oder gar in orthodoxe Christen und es gibt auch noch jüdische Kurden dazu; vielleicht könnte man auch noch andere Religionsgruppen mit dazu aufzählen, die mir jetzt nicht einfallen wollen.

    Wie also sollte so eine gewisse Homogenität überhaupt in Deutschland entstehen, wenn dies nicht einmal in der Türkei entstehen konnte? Wir sehen, dass wir die Menschen, die aus der Türkei kommen, eben nicht mehr so ansehen dürfen, als wären sie ein großer Block. Jeder von denen kocht hier, wie dort sein eigenes Süppchen. Hinzu kommen die großen Einflüsse der westlichen Welt erschwerend auch noch hinzu, die die Ich-Gläubigkeit als eine Ersatzreligion auserkoren hat, alles andere neben sich eben nicht duldet, das auf Kommerz und Ausbeutung des anderen ausgerichtet ist, aber auch letztendlich die Einsamkeit heraufbeschwört.

    Wenn also jemand – nicht einmal weiß was er nun im Leben ist oder darstellt, der kann sich einfach nicht richtig formen, kann auch kein aufrichtiges Persönlichkeitsprofil entwickeln. Wer ja nicht einmal richtig türkisch sprechen kann, sollte erst einmal damit anfangen diese Sprache richtig zu erlernen, bevor er überhaupt einmal die Ehrenvolle türkische Fahne zu winken anfängt, denn ansonsten wirkt es doch recht unglaubwürdig.

    Und, wenn auch die Ablehnung von Wissenserweiterung grundsätzlich abgelehnt wird, kommt er einfach keinen Millimeter voran.

    Erst recht, wenn jemand zu viel auf Modetrends in wilder Gesichtsdesignrasur und Hairdressing legt, und sein Gehirn zwischen zwei Eiern verlegt hat, mit der Absicht nur noch Frauen am Fließband zu vernaschen, der wird dieses Elend noch über Generationen hinweg in eine Art von Tradition weiter pflegen, auch in zehnter Generation und darüber weiter. Es liegt also an jedem Einzeln, sich diesem Teufelskreis endlich zu verweigern, und die Hilfen, auch die kleinste Hilfe fremder, aber wohl gesonnener Menschen anzunehmen, und mit diesen Hilfen selber etwas zu machen und zu entwickeln!

    Aber die Integration muss auch endlich weg vom Einfluss und Bereich von Innenministern, ob auf Bundesebene oder Länderebene! Auch dürfen keine hinterlistigen Gesetze mehr konstruiert werden, die an unsere Würde und Ehre zehren.

  9. Guten Tag und vielen Dank
    für die erste ernsthafte und kritische Auseinandersetzung, die ich im Zusammenhang mit dieser unseligen Studie gelesen habe. Ich bin als Leiterin eines landesweiten Integrationsprojekts in Rheinland-Pfalz tätig und mein gesamtes berufliches Umfeld betrachtet die Interpretation der Daten des Mikrozensus in der Art und Weise, wie sie das Berlin-Institut vorgenommen hat, als schädlich für die öffentliche Integrationsdebatte. Und das nicht, weil wir Probleme mit „Wahrheiten“ haben, sondern weil wir um die Macht von unreflektiert wieder gegebenen vermeintlichen „Fakten“ und die Wirkung von negativen Zuschreibungen auf die betroffenen Gruppen wissen. Beleidigungen und diskriminierende Beschreibungen von einzelnen Bevölkerungsgruppen sind nicht mit einer bloßen Tatsachenanalyse zu verwechseln und tragen auch keinesfalls zur Versachlichung der Diskussion bei – wie die Autoren der Studie es gerne hätten.
    Noch zwei Anmerkungen:
    – „Von erfolgreicher oder gelungener Integration wird hier jedoch erst dann gesprochen, wenn Migranten sich in allen Bereichen dem Durchschnitt der Einheimischen annähern.“ Hier wird deutlich, wie unsinnig die Definition des „Integrationserfolgs“ (S.10), die der Studie zu Grunde gelegt wird, ist. Demnach wäre bei Migranten aus dem Nahen Osten mit einem Akademikeranteil von 48 Prozent die Integration gelungen, wenn sie sich in der nächsten Generation auf den deutschen Durchschnitt von 19 Prozent hinab arbeiteten. Und Kinder von Personen aus „Weiteren Ländern der EU-25“, die zu 51 Prozent über die Hochschulreife verfügen, wären erfolgreich integriert, wenn nur 38 Prozent von ihnen – dem deutschen Durchschnitt entsprechend – einen höheren Bildungsabschluss erwerben würden.
    – In der Studie werden unterschiedliche Grundgesamtheiten miteinander verglichen. Wenn eine 80 Millionen und in sämtlichen sozialen Lebenslagen repräsentierte Bevölkerung der Bundesrepublik verglichen wird mit 3 Millionen türkisch stämmigen Personen, deren erste Zuwanderer-Generation aus Menschen mit grundlegenden Bildungsabschlüssen, aus Arbeitern und Bauern bestand, muss das zwangsläufig zu Verzerrungen führen.

    Das Berlin-Institut hat zu einer Online-Diskussion eingeladen. Auf der Website sind mittlerweile elf Fragen behandelt, die wohl dem Institut gestellt worden sind. Anmerkungen wie meine weiter oben sind auch vom Institut entgegengenommen, aber nicht beantwortet worden. Dafür findet man „Prominente Stimmen“ zu der Studie, die erschereckenderweise ins gleiche Horn stoßen – vielleicht weil sie noch nicht die Zeit gefunden hatten, sich näher mit den Interpretationen zu beschäftigen? Wollen wir es hoffen…

  10. @ Claudia:

    Vielen Dank für die netten Worte und auch für Ihre Anmerkungen, die sehr gut zeigen, dass die Studie undurchdacht und in vielen Punkten widersprüchlich ist.

 

WichtigeLinks

JurBlogEmpfehlungen

Blog'n'Roll