Merkwürdige Prioritäten beim Verfassungsschutz – Rechtsradikale und Islamisten

24. Mai 2006 | Von | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |

„Es ist schon erstaunlich: Zwar streitet die Republik darüber, ob Uwe-Karsten Heye gut daran getan hat, WM-Besucher vor No-go-Areas im Berliner Umland zu warnen. Aber alle sind sich einig, daß es sie gibt. Der Verfassungsschutzbericht, den der Bundesinnenminister jetzt vorgestellt hat, bestätigt es: Es sind vor allem die neuen Länder, in denen sich nicht mehr jeder Bürger frei bewegen kann.

Angesichts dieses Zustands, den man ausnahmsweise einmal wirklich einen handfesten Skandal nennen kann, ist es um so verblüffender, daß Wolfgang Schäuble die Hauptgefahr und „größte Herausforderung“ seiner Behörde im Islamismus erkennt. Zwar gibt es keine gesicherten Erkenntnisse über die Anhängerschaft von al-Qaida oder Ansar al-Islam – den Gruppen also, die sich explizit der Gewalt verschrieben haben. Auf die erstaunliche Zahl von 32 100 Islamisten in Deutschland kommt der Bericht aber, indem umstandslos die 26 500 Anhänger von Milli Görüs einschließlich deren Frauen- und Sportgemeinden mitveranschlagt werden, die bisher nicht dadurch aufgefallen sind, daß sie Zwölfjährigen brennende Zigaretten auf den Augenlidern ausdrücken, wie es die soeben verurteilten Jugendlichen aus Pömmelte in Sachsen-Anhalt mit ihrem aus Äthiopien stammenden Opfer taten. …

Quelle: Die Welt von Mariam Lau

Nicht unerwähnt darf man in diesem Zusammenhang lassen, dass die Gefahr, die von Milli Görüs ausgehen soll, auch noch teilweise auf Unwahrheiten beruht. Das Verwaltungsgericht München hat am 22.05.2006 erst der Klage der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V. gegen den Freistaat Bayern auf Unterlassung verschiedener Aussagen im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2001 zum Teil stattgegeben.

Dem Beklagten wurde untersagt zu behaupten,

  • auf einer Veranstaltung habe die Menge „Hoca, wenn Du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir, wenn Du sagst wir sollen töten, werden wir töten!“ gerufen,
  • der Vorbeter der Klägerin in Hamburg habe geäußert, dass die Juden damals wie heute lieber im Meer hätten versenkt werden sollen. Er habe seine Predigt mit den Worten ‚Tod allen Juden!’ beendet,
  • der Vorsitzende der Klägerin habe in einer Rede in dem Satz „die Muslime würden über eine nicht zu unterschätzende politische Kraft verfügen, so dass sie Europa kontrollieren könnten, wie die Juden die USA“ das Wort „Juden“ verwendet.
  • Dem Beklagten wurde weiter untersagt, Artikel aus der Zeitschrift „Milli Gazette“ im Verfassungsschutzbericht im Abschnitt über die Klägerin zu erwähnen.

Es macht schon einen großen Unterschied aus, ob solche Behauptungen in einem Verfassungsschutzbericht stehen oder nicht. Insbesondere dann, wenn aufgrund solchen und ähnlichen unwahren Behauptungen der Hauptaugenmerk bei der inneren Sicherheit auf Islamisten gelegt wird. Es gibt wichtigeres zu tun, Herr Beckstein, als muslimische Organisationen anzuschwärzen, um diese dann zum Staatsfeind Nr. 1 zu erklären.

Ekrem Senol РK̦ln, 24.05.2006

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