Sarkasmus der Woche in Bild und Hürriyet: Schürt kein Misstrauen

9. Februar 2008 | Von | Kategorie: Feuilleton | 9 Kommentare |

Bild-Chefredakteur Kai Diekmann und Hürriyet-Chefredakteur Ertugrul Özkök rufen in einem gemeinsamen Kommentar Politiker dazu auf, keinen Misstrauen zu schüren. Hintergrund ist der Brand in Ludwigshafen. Der Kommentar erschien gleichzeitig in Hürriyet und in Bild sowohl in türkischer als auch in deutscher Sprache. Angesichts der jüngsten Schlagzeilen der beiden Blätter, sei es um den hessischen Wahlkampf oder um die Brandkatastrophe in Ludwigshafen, fragt man sich, wie unverfroren man überhaupt noch sein kann.

Sind es nicht gerade diese Zeitungen gewesen, die mit ihrer Berichterstattung meist Öl ins feuer gegossen haben und gerade Misstrauen geschürt haben? Sind es nicht gerade diese Zeitungen gewesen, die aus vagen Vermutungen Tatsachen machten und damit insbesondere Misstrauen geschürt haben? Bei den Hauptverantwortlichen der beiden Blätter scheint weder das Kurzzeit- noch das Langzeitgedächtnis zu funktionieren.

Mir fehlen die Worte. Nicht wegen dem Sarkasmus der Blätter – das ist nichts Neues, sondern wegen der Tatsache, dass beide Blätter zu den meist gelesenen ihrer Länder gehören und sich daran wohl auch nichts ändern wird.

Meine Vermutung – wenn auch nur ganz vage: Den Herren wurde durch die Hetze in den türkischen und durch die besonders sachliche Berichterstattung in den deutschen Medien um den Brand in Ludwigshafen etwas ganz wichtiges bewusst: die Doppelmoral, den sie zu Tage legen, je nachdem, welche Staatsbürgerschaft die Opfer haben. Wie gesagt, eine nur ganz vage Vermutung.

Die Folgen der bisherigen Berichterstattung kann man hier im JurBlog.de sehr gut nachverfolgen. Man braucht sich nur die Leserkommentare zu den drei Artikeln über den Brand in Ludwigshafen durchzulesen (hier, hier und hier). Nur die wenigsten sind noch in der Lage, besonnen zu reagieren. Die überwiegende Mehrheit ist voll von Ablehnung, Abneigung und Misstrauen. Ihre Argumente? Meist auf Bild und Hürriyet Niveau.

9 Kommentare
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  1. Völlig richtig. War aber bei dem Niveau der Bildzeitung nicht anders zu erwarten.

  2. Bild und türkische Medien in einen Topf zu werfen ist unfair.

    Die Bild hat schon vor langer Zeit damit aufgehört Hetzkampagnen zu fahren.

    Hürriyet und Co. bewegen sich auf New York Post Niveau.

    Wo die Bild Fakten (für viele Leute unerträglich) emotionalisiert da lügen Post und die türkischen Medien dreist und eben wider besserem Wissen.

  3. Das komische ist, dass dir Dogan Holding group zu 40% oder 30% dem Axel Springer Verlag gehört.
    Auf einer Seite die Bild mit Anti Türkischen kampagnen auf der anderen Seite die Die Deutschland Ausgaben Zeitungen der Dogan Group mit fast Anti Deutschen ist doch komisch oder?

  4. @ toutrams
    selten so gelacht
    das war wohl dein beitrag zu „witz der woche“

  5. Mehmet kam mir schon zuvor. Die Dogan Gruppe und der Axel Springer Verlag sind doch wirtschaftlich eng miteinander verbandelt. Ein Schelm wer Arges denkt, wenn da nicht zur gegenseitigen wirtschaftlichen Unterstützung auf „die andere Seite“ im volksverhetzerischen Stil eingeschlagen wird. Dogan und Springer waschen sich derweil die Hände im Geldregen (um es mal etwas überspitzt darzustellen).

    Das gleiche gilt übrigens auch für die größte Boulevardzeitung Polens (Fakt?), die ganz oder überwiegend dem Axel Springer Verlag gehört. In dieser Zeitung wird auch jedes mögliche polnische Ressentiment gegen Deutschland in einer Art und Weise aufgegriffen, die einfach widerlich ist und nichts, aber auch gar nichts mit objektiver Berichterstattung zu tun hat (kennen wir ja von diesem Verlag).

    Vielleicht sollte man mal den Axel Springer Verlag wegen Landesverrat anzeigen? Wäre doch eine schöne volte, oder?

  6. erinnert mich an unseren minister für traumaforschung und paranoia, der ständig von „ruhe bewahren“ faselt, um zu kaschieren, dass er es ist, der panik macht.

    .~.

  7. […] Dann über die zweifelhaften Reaktionen der Presse: Der Brand in Ludwigshafen und die Folgen der undifferenzierten Berichterstattung. Dass die Chefredakteure von Bild und Hürriyet nach einer Woche national gefärbter Berichterstattung dazu aufrufen, kein Misstrauen zu schüren, nennt Ekrem Senol «Sarkasmus der Woche»: […]

  8. Der Beitrag war gut, und war!

  9. Für mich stellt sich das Verhältnis Deutsche und Türken folgendermaßen da: meine Mutter hat als Grundschullehrerin auch türkische Kinder unterrichtet. Ihr Verhältnis zu deren Eltern war i.d.R. gut. Ich habe in der Jugend mit Türken zusammen in einer Mannschaft Fußball gespielt. Das war prima. In den Ferien habe ich zusammen mit Türken in der Fabrik gearbeitet. Die waren sehr hilfsbereit. Meine Nachbarn sind Türken mit Kindern und Enkelkindern. Das sind sehr nette Leute und der erwachsenen Sohn wird von meinen Kindern als „cool“ bezeichnet. Der Star in der Dorffußballmannschaft ist ein Türke. Der spielt klasse. Wenn man von Leuten aus ihrem Türkeiurlaub erzählen hört, so schwärmen sie meist von der Gastfreundschaft in der Türkei.
    Sehr ihr, so einfach ist das. Wir sind nämlich alle gleich!!!

 

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