Die Verwahrlosung der Rechtsstaatlichkeit

3. Januar 2007 | Von | Kategorie: Recht | 7 Kommentare |

Prof. Dr. Werner Schiffauer lehrt Vergleichende Sozial- und Kulturanthropologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. In den vergangen Jahren hat er sich einen Namen als Experte für den türkischen Islam, türkische Migration und Muslime in Deutschland gemacht. Schiffauer ist einer der ausgesprochensten Kritiker der gegenwärtigen Migrations- und Islampolitik. Die Islamische Zeitung sprach mit ihm:

Islamische Zeitung: Sie haben in Ihrem Beitrag zum Migrationsreport 2006 den derzeitigen Umgang mit Muslimen, insbesondere auch auf institutioneller Ebene, kritisch beleuchtet, etwa das Zusammenspiel verschiedener Behörden bei der Frage der Einbürgerungen. Misstraut der Staat einem Teil seiner Bürger, gibt es ein institutionelles Misstrauen gegenüber Muslimen?

Prof. Werner Schiffauer: Ich glaube, davon kann man ausgehen. Wir haben ja erklärte Äußerungen, die sagen, „wir wollen das Ausländerrecht als Waffe gegen den Islamismus und den Terrorismus benutzen“. Hier hat sich beispielsweise der bayrische Innenminister Beckstein mit der Aussage hervorgetan, das Ausländerrecht sei hier weitaus effizienter als das Strafrecht, womit er auch Recht hat, oder auch Reinhard Grindel (CDU), der sich diesbezüglich äußert. Diese Haltung geht aber auch weit in die SPD hinein. Ausländerrecht als Waffe bedeutet vor allem, die Möglichkeiten, die dieses in Bezug auf Abschiebung hat, nutzen zu können. Um diese Möglichkeiten anwenden zu können, muss man die Gruppe von Menschen, die potenziell als Sicherheitsbedrohung oder als Integrationsbedrohung wahrgenommen wird, unter diesem Ausländerrecht behalten. Und dies scheint mir in der Tat die gegenwärtige Politik gegenüber Muslimen zu sein. …

Islamische Zeitung: Welche Rolle spielen bei dieser Thematik ungenaue Begrifflichkeiten, etwa die unklare Definition des „Islamisten“, oder zwischen vom Verfassungsschutz beobachtet und tatsächlich verfassungsfeindlich?

Prof. Werner Schiffauer: Wir haben insgesamt eine Verwahrlosung der Rechtsstaatlichkeit. Zum einen, dass die Verfassungsschutzberichte wie Urteile über die Verfassungsfeindlichkeit genommen werden. Damit wird weder der Arbeit des Verfassungsschutzes und wie dieser zu seinen Einschätzungen kommt Rechnung getragen, noch unterliegen diese einer richtigen rechtsstaatlichen Prüfung. Das saubere Verfahren ist ja, dass der Innenminister einen Verbotsantrag stellt, dieser wird parlamentarisch angestimmt und vom Bundesverfassungsgericht rechtlich überprüft. Damit hat man die Fakten auf dem Tisch und kann verbieten oder nicht. So wie es jetzt ist, führt eine staatliche Behörde wie der Verfassungsschutz – der gehalten ist, schon im Vorfeld zu ermitteln, also in einer Grauzone -, Organisationen, die er unter dem Verdacht hat, verfassungsfeindlich zu sein, dann als verfassungsfeindlich auf. Das Problem in der Praxis ist, dass dies von den anderen Ämtern dann als Definition übernommen wird. Das ist die erste rechtliche Unsauberkeit. Die zweite ist die: Wenn man schaut, wie der Verfassungsschutz zur Einschätzung der Verfassungsfeindlichkeit kommt, so tauchen in den Verfassungsschutzberichten lauter Kriterien dazu auf, die mit der Verfassung nichts zu tun haben. Jedenfalls bei den Gruppen, die sich selbst zur Verfassung bekennen, wie der IGMG oder der Islamischen Gemeinschaft Deutschlands (IGD). Das ist anders beim „Kalifatsstaat“ oder Hizbu’t-Tahrir, die sich explizit gegen die Verfassung ausgesprochen haben. Bei IGMG und IGD kommen dann Kriterien wie Parallelgesellschaft oder Identitätspolitik vor, oder Missionierung wie bei der Tabligh-i Jamaat – alles Kriterien, die mit der Verfassung nichts zu tun haben. Missionierung etwa steht explizit unter dem Schutz der Religionsfreiheit im Grundgesetz. Das heißt, hier gibt es eine Institution, die relativ frei mit der Verfassung umgeht und als „verfassungsfeindlich“ definiert, was sie als verfassungsfeindlich sieht. Das fließt dann in die Berichte ein. Die dritte rechtsstaatliche Unsauberkeit ist, dass dann nicht nur einer Organisation, die in dem Bericht auftaucht, auch von anderen Institutionen die Verfassungsfeindlichkeit unterstellt wird, sondern dies auch jedem einzelnen Mitglied unterstellt wird, beziehungsweise so genannte tatsachengestützte Hinweise auf Verfassungsfeindlichkeit daraus abgelesen werden. Wenn jemand in der IGMG ist, wird dies als tatsachengestützter Hinweis auf dessen Verfassungsfeindlichkeit betrachtet, auch wenn diese Person sich nachweislich für Integrationspolitik einsetzt. Hier wird also die Einzelfallprüfung ausgesetzt. Die vierte Unsauberkeit ist, dass man mit diesem Schritt von einem Rechtssystem, das Verhalten bestraft, also etwa nachweisbare Aufrufe zur Gewalt oder Aufrufe zur Volksverhetzung, hingeht zu einer Bestrafung der Gesinnung. Die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Gemeinschaft zu sanktionieren, bedeutet, eine Einstellung zu sanktionieren. Hiermit wird eine weitere Grenze überschritten, wobei mittlerweile nicht nur Versagungen der Einbürgerung, sondern auch Abschiebungen damit begründet werden. Das halte ich für eine Rechtsstaatskultur für einen Skandal. …

Islamische Zeitung: Sie haben es so formuliert, dass eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht nicht zu einer Auseinandersetzung mit den Erwähnten führt, sondern bereits das Ende der Auseinandersetzung darstellt und de facto zu einer Verbannung führt.

Prof. Werner Schiffauer: Richtig, die Innenministerien geben auch die Direktive heraus, sich nicht mit Organisationen an einen Tisch zu setzen, die im Verfassungsschutzbericht erwähnt werden.

Islamische Zeitung: Was noch mehr verwundert als die fraglose Übernahme der Einschätzungen des Verfassungsschutzes durch Behörden ist deren weitgehend unkritische Übernahme durch die Medien, die ja sonst auch nicht so unkritisch sind.

Prof. Werner Schiffauer: Man kann es auch zuspitzen: Die Medien übernehmen die Verfassungsschutzberichte, wenn es um Muslime geht. Sie übernehmen sie nicht, wenn es um Oskar Lafontaine geht, oder sind extrem Verfassungsschutz- oder auch Nachrichtendienstkritisch, wenn es um andere Dinge geht. Ich denke, das speist sich aus mehreren Quellen. Das eine ist, dass vielen Journalisten das islamische Feld relativ fremd ist, und sie sind dann geneigt, irgend einer Autorität zu glauben: „Die werden es schon wissen, wir selbst steigen nicht durch das komplexe Feld der islamischen Gemeinden“. Das zweite ist, dass sich seit dem 11. September eine große Koalition von Anti-Islamisten ergeben hat. Linke und Rechte stimmen heute in Bezug auf Islam weitgehend überein. Die Linke in dem Sinne, dass sie dem Islam die nicht vollzogene Aufklärung, Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Antisemitismus unterstellt, und die Rechte, da sie von den Muslimen eine Aufweichung der „abendländischen jüdisch-christlichen Kultur“ befürchtet. Diese beiden Haltungen kommen nicht unbedingt in den Inhalten zusammen, aber man ist sich einig, dass der Islam die große Gefahr sei. Und das ist der Hintergrund dieses neuen neorealistischen Diskurses, wo sich alle in die Brust werfen und sagen, „jetzt lasst uns mal ehrlich sein, dieses multikulturelle Gedönse, dass man Raum geben müsse und so weiter ist doch nur Unsinn, der Islam ist im Grunde inkompatibel mit unserer Politik und Kultur“. Das wird mit dem Gestus untermalt, dass man den „multikulturellen Träumern“ Blauäugigkeit unterstellt. Dies ist leider eine ziemlich verbreitete Haltung, bis in liberale Kreise hinein, und zahlreiche Journalisten teilen diesen Gestus. Ein dominanter Diskurs, der so entsteht, hat die Konsequenz, dass man alles übernimmt, was einem in den Kram passt, unter anderem auch die Inhalte der Verfassungsschutzberichte, und dem blind glaubt und gar nicht mehr überprüft oder kritisch nachfragt. …

Islamische Zeitung: Warum wird die Situation der Muslime angesichts dieses Klimas bisher kaum medial wahrgenommen und diese Entwicklung kaum kritisiert? Haben die Muslime in Deutschland keine Lobby?

Prof. Werner Schiffauer: Sie haben keine Lobby, eben aufgrund des eben beschriebenen Zusammenhangs, dieser „großen Koalition“ von Links und Rechts in Bezug auf Muslime. Das war vorher anders. Bis etwa 2000 hatten wir bei allen Integrationsfragen einen linken und einen rechten Diskurs. Die Rechten haben „Deutschland den Deutschen“ gefordert, und die Linken mehr Rechte für Migranten. Seit 2001 ist dies zumindest in Bezug auf Muslime zusammengebrochen. Jetzt gibt es eine Koalition, die von Alice Schwarzer bis Stoiber und Beckstein reicht. Das bedeutet auch, dass es keine starken Fürsprecher für die muslimischen Gemeinden in der Mehrheitsgesellschaft mehr gibt. Man hat den Eindruck, dass sich da etwas verändert hat. Es hat eine Verschiebung in der Stimmungslage der Bevölkerung stattgefunden. Und dieser Verschiebung fallen auch die Journalisten anheim. Wir haben das in Debatten mit Journalisten erlebt – vor allem Fernsehjournalisten können Berichte, die nicht der vorgefassten Meinung der Chefredaktion entsprechen, zwar bringen, müssen sich aber doppelt so viel Arbeit machen und haben doppelt so viel Begründungsaufwand. Es muss einfach sehr viel mehr Energie in einen Artikel gesteckt werden, der gegen die herrschende Meinung ist, als in einen, der mit ihr Konform geht. Bei letzterem wird auch der letzte Unsinn abgesegnet. …

Islamische Zeitung: Welche mittel- und langfristigen Konsequenzen dieser Entwicklung sehen Sie? Wir hatten ja bisher Gott sei Dank noch keinen wirklichen Anschlag in Deutschland, der die Situation stark verschärfen könnte.

Prof. Werner Schiffauer: Wenn der Trend so weitergeht, werden wir ein Zwei-Klassen-Recht haben, wo sich auf der einen Seite die Muslime als Ausgegrenzte wieder finden. Und das ist natürlich eine Katastrophe. Die Entfremdung zwischen Muslimen und der Mehrheitsgesellschaft würde zunehmen; die Muslime würden das Gefühl haben, Bürger zweiter Klasse zu sein, werden das Gefühl haben „mit uns kann man es ja machen“ – und zwar Rechtsbeugung, Ausweisungen, unzureichende Ãœberprüfung etwa bei Vorwürfen, eingeschränkte Meinungsfreiheit und so weiter. Das alles wird die Integration maßgeblich erschweren. Die Stimmen werden zunehmen, dass man den Islam eigentlich nur in einem islamischen Land leben könne. Die Stimmen, die sagen „das haben wir euch ja schon immer gesagt, die wollen euch nicht, hier seht ihr es wieder“ werden zunehmen. Das ganze würde also auf eine Polarisierung hinauslaufen und die Querverbindungen werden abnehmen. Das wäre tatsächlich eine bedrohliche Tendenz für die Kultur dieser Gesellschaft und auch ein Verspielen einer großen Chance, die in der Wahrnehmung von religiöser und kultureller Vielfalt liegt.

Islamische Zeitung: Man hätte eigentlich gedacht, dass angesichts der deutschen Vergangenheit etwas sensibler mit diesen Dingen umgegangen würde…

Prof. Werner Schiffauer: Ich ziehe da schon eine Parallele. Man merkt, dass hier mit anderem Maß gemessen wird. Die gleichen Leute, die sich heute zur „christlich-jüdischen Kultur“ bekennen, nutzen diesen Bezug, um sich gleichzeitig von einer ganzen religiösen Gruppe abzusetzen und diese zu diffamieren. Und das lässt mir buchstäblich die Galle hochkommen. (Quelle: Islamische Zeitung)

Ekrem Senol РK̦ln, 03.01.2007

7 Kommentare
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  1. Mensch lese die Tagebücher Oppermanns. Dort wird die „Reise“ ganz gut beschrieben, die derzeit getan wird. Alles begann mit zweierlei Recht, zweierleich (Un-)Berechtigungen, zweierlei Maß, zweierlei „Rassen“ (horribile dictu)

  2. Habe das Interview gelesen. Dabei fällt auf:

    Schiffauer unterscheidet nicht zwischen Islam und Islamismus oder Muslimen und Islamisten. Für ihn sind Islamisten nur „konservative“ Muslime. Genau diese Begrifflichkeit wird aber parteiübergreifend bewußt benutzt, um zu unterscheiden zwischen politischen Ideologen und einfachen Religionsanhängern.

    Schiffauer kann man bei seinen Klagen über rechtliche Unsauberkeit beim zitieren von Verfassungschutzberichten teils zustimmen, aber seine fehlende Differenzierung und das Unterschlagen seiner Begriffsvermengung ist einfach unseriös.

  3. @ Maria

    Würden Sie mir bitte die Unterschiede zwischen Islam und Islamismus sowie zwischen Muslime und Islamisten erklären. Hilfreich wären Beispiele, wann jemand einfach ein Muslim ist und wann ein Islamist.
    Mir geht es bei diesen Begrifflichkeiten in erster Linie nicht darum, wer welche Begriffe benutzt, sondern vielmehr darum, wer was daraus versteht und sich selbst oder sein Gegenüber zu definieren hat.

  4. Ich zitiere mal:

    „Islamismus bezeichnet die (meist militante) politische Forderung nach Wiedereinführung der klassischen islamischen Gesetze, der sog. Scharia, in den vorwiegend mit moslemischer Bevölkerung bewohnten Gebieten und Staaten. Nach Vorstellung der Islamisten können durch die Rückkehr zum „rechten Glauben“ sowie die damit verbundenen sozialen Änderungen (z.B. drakonische Strafen, Geschlechtertrennung) alle politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme gelöst werden.“
    http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=QT7T1S

    Ebenfalls von der bpb
    http://www.bpb.de/publikationen/KQ0NBA,0,0,Islamismus_in_der_Bundesrepublik_Deutschland.html

    „Der von den Anhängern selbst genutzte Terminus steht für eine Doktrin, die auch als islamischer Fundamentalismus bezeichnet wird.

    Dabei nehmen die Anhänger des Fundamentalismus im Allgemeinen und des Islamismus im Besonderen bewusst eine politische Deutung ihrer religiösen Glaubensgrundlage vor. Es handelt sich also um einen typischen Akt der Ideologiebildung, der nur partiell etwas mit dem religiösen Gehalt des Islam zu tun hat. Eine Gleichsetzung aller Muslime mit den Islamisten verbietet sich von daher.

    Entscheidend für den hier zu erörternden Zusammenhang ist, dass es solche ideologisierenden Vereinnahmungen religiöser Aussagen zu politischen Zwecken gibt und dass sie mobilisierende Wirkung entfalten.
    Die ideologische Instrumentalisierung geht im Fall des Islamismus zunächst von einer Krisensituation aus. Gefragt wird dabei, warum die muslimisch geprägten Länder gegenüber den westlichen Ländern sozial und wirtschaftlich ins Hintertreffen geraten seien. Die konstatierten Probleme und Schwächen der islamischen Staaten führen die Anhänger des Fundamentalismus auf eine Abkehr vom „wahren Glauben“ oder eine Verfälschung des „göttlichen Willens“ zurück. Weder Kapitalismus noch Kommunismus seien daher eine Lösung, folge doch aus deren Materialismus Dekadenz, Elend und Unglaube. Stattdessen fordert man die Rückkehr zu den Grundlagen des Islam, die sich allerdings nicht nur auf das persönliche Alltagsverhalten oder entsprechende individuelle Einstellungen beziehen solle. Auch das politische System müsse einer Re-Islamisierung unterzogen, die Trennung von Politik und Religion aufgehoben werden. Dies bedeutet in der Konsequenz die Errichtung einer Theokratie, also einer Herrschaftsform, in der die Staatsgewalt allein religiös legitimiert wird und in der die Regierenden nach dem Willen Allahs und den Vorschriften des Koran herrschen.“

    Islamismus und islamistische Organisationen
    http://www.im.nrw.de/sch/559.htm

    Broschüre zum Islamismus
    http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/verfassungsschutz/stand2005/im_fokus_islamismus.pdf

    „Wichtig ist eine präzise Abgrenzung der Begriffe Islam,
    Islamismus und islamistischer Terrorismus.
    1. Der Islam ist eine im 7. Jahrhundert entstandene
    Religion, der heute mehr als eine Milliarde Muslime
    angehören.
    2. Der Islam ist nicht gleichzusetzen mit dem Islamismus,
    einer neuzeitlichen politischen Ideologie.
    3. Da zudem bei weitem nicht alle Islamisten gewaltbereit
    sind, muss darüber hinaus zwischen Islamismus und
    islamistischem Terrorismus unterschieden werden.

    Islamisten benutzen den Islam dazu, ihre Ideologie zu
    untermauern und diese mit einer scheinbar unanfechtbaren
    Legitimation zu versehen. Sie leugnen jegliche Unterschiede
    zwischen dem Islam und islamistischer Ideologie und
    behaupten, sie selbst verkörperten als einzige den „wahren
    Islam“. Sie betrachten sich meist auch nicht als Islamisten
    und lehnen entsprechende Kennzeichnungen (Arabisch
    „Islami“ im Gegensatz zu „Muslim“) vehement ab.“

    Wobei letzteres früherem ja widerspricht…
    Also gibt es sowohl Islamisten, die sich als solche bezeichnen, als auch Islamisten, die diese Bezeichnung ablehnen und ihren Islamismus mit dem Islam gleichsetzen.

    Jeder Islamist ist ein Muslim, aber nur manche Muslime sind Islamisten.
    Die Abgrenzung im Einzelfall ist natürlich schwer.

  5. @ Maria

    Danke für die Mühe, die Sie gemacht haben. Das Problem ist, dass trotz ellenlangen Ausführungen zur Unterscheidung Seitens der Ämter, keine Abgrenzung erfolgt. Das ist auch die Kernaussage Schiffauers.
    Jetzt aber, wo wir wissen, wo die Unterschiede liegen, stellen ich Ihnen die Osman-Frage aus dem anderen Beitrag noch einmal. Aber diesmal bitte beantworten und nicht ausweichen!

    Osman ist ein parktizierender Muslim und lehnt Gewalt in jeder Form ab. Er bekennt sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und lebt seit über 30 Jahren unbescholten in Deutschland. Er geht regelmäßig in den Moscheeverein um die Ecke zum beten. Er kennt diese Moschee bereits seit vielen Jahren und hat dort nur positive Erfahrungen gemacht (Hausaufgabenhilfe, Deutsch- und Integrationskurse für Kinder und Jugendliche). Die Verantwortlichen des Vereins entsprechen von der Gesinnung her seinen Vorstellungen. Allerdings wird dieser Moscheeverein vom Verfassungsschutz beobachtet seit den Anschlägen in New York und steht – wie viele andere Moscheevereine in Deutschland auch – unter dem Verdacht, islamistisch extremistisch zu sein.

    Ist unser Osman-Normal-Verbraucher nun ein Muslim oder ein islamistischer Extremist?

  6. @ Maria
    Ich möchte hier nicht mit irgendwelchen beispieln von irgendwelchen klugen köpfen versuchen etwas zu erklären.
    Weil da könnte man bei Aristoteles anfangen und was weiß ich wie lange ausführen.
    Im Kuran steht , das von allem zuviel schädlich ist.
    Und ich finde das diese schablone auf vieles paßt.
    Das was einer tut , aber auch wie ein andere das sieht.
    Was Herr Schiffauer da wohl zum ausdruck bringen will, ist das wir hier in Deutschland nicht klar stellen können was wem zuzuordnen ist.
    Diese feinheiten gehen leider im altag unter , und genau da sollten die Behörden und Ämter doch sich nicht in dieser euphorie mitreißen lassen.
    Weil die gefahr , das der Islam oder der einzelne Moslem zum Teroristen erklärt wird , schon groß ist.
    Und der einzelen Durschnitsmensch liest nicht jeden Tag Fachliteratur um diese Feinheiten selber zu erkännen.

  7. Zu Osman:
    Ich weiche nicht aus: ich weigere mich, an Ihrem absurden Gesinnungsratespiel teilzunehmen.

    Ich will aber nicht dem Thema ausweichen. Ich hänge Ihnen unten mal einen Ausschnitt an, der vielleicht verdeutlicht, wieso auch eine gewaltfreie islamistische Position bei einer Einbürgerung problematisch sein kann.

    Das Problem ist, dass trotz ellenlangen Ausführungen zur Unterscheidung Seitens der Ämter, keine Abgrenzung erfolgt. Das ist auch die Kernaussage Schiffauers.

    Nein, das ist nicht richtig. Schiffauer beklagt nicht, daß die Ämter Muslime und Islamisten nicht (theoretisch) unterscheiden oder (praktisch) abgrenzen, er beklagt im Gegenteil gerade daß differenziert wird, weil er Islamisten und islamistische Organisationen genauso behandelt sehen möchte wie einfache Muslime.

    Falls Sie die obigen Ausführungen zur Unterscheidug von Islam und Islamismus gelesen haben sollten, wie stehen Sie denn nun dazu? Bisher haben Sie mir ja nur eine Gegenfrage gestellt, die ich („ellenlang“) beantwortet habe. Wie wäre es denn mit einer Antwort von Ihnen?

    These 10: „Das islamische Recht verpflichtet Muslime in der Diaspora“

    Diese These formuliert eine rechtliche Position, durch die es Muslimen möglich sein soll, „sich in je-dem beliebigen Land“ aufzuhalten, „solange sie ihren religiösen Hauptpflichten nachkommen können“.
    Diese rechtliche Position wird folgendermaßen erläutert: „Das islamische Recht verpflichtet Muslime in der Diaspora, sich grundsätzlich an die lokale Rechtsordnung zu halten. In diesem Sinne gelten Vi-sumserteilung, Aufenthaltsgenehmigung und Einbürgerung als Verträge, die von der muslimischen Minderheit einzuhalten sind.“

    Was heißt dies genau? Mit „islamischem Recht“ ist nichts anderes als die Scharia gemeint, deren Erwähnung hier vom ZMD vermutlich bewusst unterlassen wurde, da sie bei Nicht-Muslimen häufig negative Assoziationen weckt. Demnach ist es die übergeordnete, quasi „universelle“ Scharia, die nach Ansicht des ZMD die Musli-me verpflichtet, sich außerhalb des islamischen Gebietes an die jeweilige, hier: deutsche, Rechtsord-nung zu halten. Es ist nicht die „lokale“ Rechtsordnung, die eigene Verbindlichkeit beanspruchen kann. Die Scharia steht über jeder anderen Rechtsordnung, sie kann aber unter bestimmten Umstän-den ermöglichen, dass eine „lokale“ Rechtsordnung (zumindest zeitweilig) befolgt wird. Zu diesen Umständen zählen „Visumserteilung, Aufenthaltsgenehmigung und Einbürgerung“, die als „Verträge“ qualifiziert werden. Was aber, wenn Muslime einen solchen „Vertrag“ gar nicht eingehen, weil sie zumBeispiel nicht legal eingereist oder als Deutsche geboren sind? Eine solche schariarechtliche Kon-struktion der grundsätzlichen Anerkennung des „lokalen“ Rechts aufgrund eines schariagemäßen „Vertrages“, kann nicht befriedigen. Sie ist nur dann vertretbar, wenn Muslime sich nur vorübergehendin Deutschland aufhalten. Muslime leben heute in größerer Zahl aber nicht vorübergehend sondern auf Dauer in Deutschland. Deshalb kommt dem Spannungsverhältnis zwischen der Scharia und der säkularen deutschenRechtsordnung besondere Bedeutung zu.

    Zur Islamischen Charta des Zentralrats der Muslime in Deutschland, IM NRW
    http://www.im.nrw.de/sch/doks/vs/islamcha.pdf

 

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