Der Nachweis von Sprachkenntnissen bei Ehegattennachzug
29. März 2007 | Von E. S. | Kategorie: Recht | 102 Kommentare |Nach langem Streit zwischen Union und SPD hat die Bundesregierung eine Reform des Zuwanderungsrechts auf den Weg gebracht. In Kraft treten sollen die Neuregelungen nach dem Willen der Koalition zum 15. Juli dieses Jahres.
Neben zahlreichen anderen Änderungen, sieht die Neuregelung vor, dass die Aufenthaltserlaubnis beim Ehegattennachzug künftig davon abhängen soll, ob der Ausländer sich auf einfache Art in deutsche Sprache verständigen kann (§ 30 I Nr. 2 Entw-AufenthG). Insofern werden Ausländer verpflichtet, bereits im Herkunftsland sich Deutschkenntnisse anzueignen. Hauptargument für die Neuregelung sei der Schutz vor Zwangsehe.
Da die Neuerungen des Aufenthaltsgesetzes in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG (Ehe und Familie) sowie des Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsgrundsatz) eingreifen, wollen wir im Folgenden kurz auf die Verhältnismäßigkeit, Geeignetheit sowie Erforderlichkeit eingehen.
Art. 6 Abs. 1 GG
Es ist bereits zweifelhaft, ob die deutsche Sprache dem Opfer einer Zwangsehe Schutz vermittelt. Wichtiger als die deutsche Sprache sind Kenntnisse der deutschen Rechtskultur, um Beratungs- und Informationsangebote wahrzunehmen. Diese werden im Rahmen eines Integrationskurses im Orientierungskurs vermittelt. Allerdings setzt die Teilnahme an einem Integrationskurs voraus, dass der Ausländer sich gerade nicht in einfacher Weise in deutscher Sprache verständigen kann (§ 44 Abs. 3 Nr. 3, § 44a Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Insofern führt der Erwerb einfacher Deutschkenntnisse im Herkunftsland dazu, dass das Opfer an keinem Integrations- und Orientierungskurs teilnehmen darf. Die Erlangung von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte in Deutschland werden dem Ausländer demnach durch die Neuregelung verwehrt, was eher dazu führt, dass mögliche Opfer schutzlos gestellt werden.
Im Sinne der Erforderlichkeit käme als milderes Mittel die Verpflichtung in Betracht, einfache Deutschkenntnisse nach der Einreise durch Absolvierung eines Integrationskurses nachzuweisen. So würden Rechte derjenigen, die im Herkunftsland keinen Zugang zu Deutschkursen haben, weniger beschnitten.
Gegen die Eignung von Integrationsmaßnahmen nach der Einreise wird in der Gesetzesbegründung im Wesentlichen vorgebracht, dass die Verpflichtung zur Teilnahme an Integrationskursen nach der Einreise allein nicht in gleichem Maße aus reiche, um die Verhinderung eines eigenen Soziallebens der Opfer aufzufangen. Bis zum Kursbeginn und zur damit verbundenen Vermittlung von Deutschkenntnissen könne einige Zeit vergehen, während derer das Opfer dem Zwang der Schwiegerfamilie ausgesetzt bleibe.
Das überzeugt schon deshalb nicht weil ein nachziehender Ehegatte nach § 44a Abs. 1 AufenthG ohne schuldhaftes zögern an einem Integrationskurs teilnehmen muss. Daher tritt eine eher nachteilige Wirkung ein. Eine zwangsverheiratet Frau, die keinen Zugang zu Bildungseinrichtungen hat, wird, wenn überhaupt, sogar wesentlich später Zugang zu öffentlichen Einrichtungen haben und Hilfe in Anspruch nehmen können. Entsprechend länger wäre sie dem Zwang der Schwiegerfamilie ausgesetzt. Insofern ist ein Besuch eines Integrationskurses besser geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen.
Des Weiteren wird aufgeführt, dass die Verpflichtung zur Teilnahme am Integrationskurs keinen erfolgreichen Abschluss sicherstellte. Auch dieses Argument überzeugt nicht. Gemäß § 43 Abs. 3 S. 2 AufenthG wird die erfolgreiche Teilnahme an Integrationskursen durch eine vom Kursträger auszustellende Bescheinigung über den erfolgreich abgelegten Abschlusstest nachgewiesen. Sanktioniert wird lediglich die Verletzung der regelmäßigen Teilnahme.
Letztlich kommt noch das Argument, dass aufgrund bisheriger Erfahrungen nicht davon ausgegangen werden könne, dass die sprachliche Integration im Inland gelingen könne. Hier wird nicht berücksichtigt, dass Integrationskurse erst im Jahre 2005 eingeführt wurden. In nur zwei Jahren ist es abstrus zu behaupten, dass sich das neue Integrationskonzept mit den Integrationskursen nicht behaupten wird.
Die Verpflichtung zum Erwerb von Sprachkenntnissen vor der Einreise ist daher allenfalls dazu geeignet, nachzugswillige Ehegatten dauerhaft aus dem Bundesgebiet fernzuhalten. Das aber ist, jedenfalls ausweichlich der Gesetzesbegründung, nicht das Ziel.
Art. 3 Abs. 1 GG
Die Neuregelung steht auch wegen einer Ungleichbehandlung auf wackeligen Füßen. Der nachziehende Ehegatte ist verpflichtet einfache Sprachkenntnisse vorzuweisen für eine Aufenthaltserlaubnis. Beantragt allerdings ein Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, um in Deutschland zu arbeiten, braucht dieser keine Sprachkenntnisse nachzuweisen und wird ggf. zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet; die nachziehende Ehefrau müsste dagegen Sprachkenntnisse vorweisen und müsste an keinem Integrationskurs teilnehmen. Diese Ungleichbehandlung ist – führt man sich das Ziel vor Augen – erst Recht nicht nachvollziehbar, wenn der Ehemann nachzieht.
Fazit:
Festzuhalten ist, dass die Verpflichtung von Ausländern, Sprachkenntnisse bereits vor der Einreise vorzuweisen, eine nicht erforderliche Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG enthält und daher verfassungswidrig ist. Die Ungleichbehandlung unter den Ausländern dürfte verfassungsrechtlich ebenfalls nicht gerechtfertigt sein.
Ekrem Senol – Köln, 29.03.2007
Erstmal lieben Dank, an alle, die hier so zahlreich gepostet haben. Es ist doch schoen zu wissen, dass man mit seinem Problem nicht alleine ist.
Meine Story:
Anfang 2007 war ich das erste mal in Thailand und habe dort meine grosse Liebe kennen gelernt. Seit dem war ich 4 mal dort und 2009 haben wir uns entschlossen in Thailand standesamtlich zu heiraten. Durch sehr viel Glueck konnten wir fuer Nok (meine Frau) ein schengenvisum ergattern, wobei der Botschaftsangestellte meinte „naechstes mal muss sie Deutschkenntnisse nachweisen“.
Ich hatte auch schon einen Plan, wie wir zumindest die naechsten Jahre zusammen sein konnen. Ich hatte naehmlich ein Vorstellungsgespraech beim Deutschen Entwicklungsdienst (DED) fuer den ich von 2004- 2009 erfolgreich taetig war. Nach Aussagen einiger DED Mitarbeiter hatte ich den Job schon in der Tasche. Beim DED kann der Ehepartner mit ausreisen, bekommt ein Resident Visum fuer das jeweilige Land + Unterhalt. Leider haben die mich dann abgelehnt und der Traum war zerplatzt.
Hab dann lange ueberlegt was ich mache und hab mich dann entschieden, mich vom Arbeitsamt abzumelden, meine Riesterrente zu kuendigen und mit Nok fuer ein Jahr zurueck nach Thailand zu gehen. Hatte mich auch hier bei einer Schweizer Firma Beworben, wo ich aber seit 10 Monaten auf die lange Bank geschoben werde.
Jetzt sind es nur noch 4 Monate und ich muss zurueck nach Deutschland und das alleine. Davon mal abgesehen, dass erfahrungsgemaess die Durchfallquote bei den Deutschkursen sehr hoch ist und man dann bei der Visumsbeantragung nochmal schikaniert wird moechte ich dieses System nicht unterstuetzen. Auch leben wir fernab vom Goethe Institut und Nok wird im Dezember 49 Jahre alt.
Ich bin stinksauer auf Schland und bekomme auch mit, was da momentan sonst noch in der Politik so abgeht. Werde dann Zurueck gehen muessen, mir aber sofort Arbeit ausserhalb Schland, oder der EU suchen, wo Nok dann zu mir kommen kann. Auch wenn nur im 3 Monatsrythmus. Also Schland ist nicht mehr mein Land und ich moechte Nok das auch nicht antun. Berlin ist zwar relativ easy und ich hab dort auch 1000 Freunde, aber nicht unter solchen Umstaenden.
Ich hoffe fuer alle, die in dieser Situation sind, dass sich da bald was aendert. Und wer die Moeglichkeit hat in ein anderes Land zu gehen, sollte das machen…….
Danke, dass ich mich hier mal aeussern konnte.
Aus meiner Erfahrung als Anwalt für Ausländerrecht kann ich nur bestätigen, dass durch die oben genannten Maßnahmen Zwangsehen nicht ausgeschlossen werden können. Hier wird Rechtspopoulismus durch die Hintertür betrieben