Jürgen Todenhöfer – These 3 von 10: Islamisch getarnte Terroristen sind Mörder. Für christlich getarnte Anführer völkerrechtswidriger Angriffskriege kann nichts anderes gelten.

12. April 2008 | Von | Kategorie: Feuilleton | 2 Kommentare |

Heute die 3. von 10 Thesen: „Islamisch getarnte Terroristen sind Mörder. Für christlich getarnte Anführer völkerrechtswidriger Angriffskriege kann nichts anderes gelten.“ mit freundlicher Genehmigung von Jürgen Todenhöfer auf JurBlog.de.

Die von arabischen Terroristen seit Mitte der 90er-Jahre verübten Anschläge gegen westliche Einrichtungen sind aus deren Sicht eine Antwort auf den nicht endenden „organisierten Raubmord“ des Westens. Sie kosteten, einschließlich der Anschläge auf das World Trade Center, über 5.000 westliche Zivilisten das Leben. Sie sind moralisch völlig inakzeptabel. Der Zweck heiligt nie die Mittel. Die Anschläge auf das World Trade Center wurden daher von allen muslimischen Regierungen, von Syrien und dem Iran, ja sogar von Hisbollah und Hamas, verurteilt. In vielen muslimischen Ländern legten Menschen erschüttert Blumen vor der US-Botschaft nieder. Terroristen, die Unschuldige töten, sind keine Freiheitskämpfer, keine Widerstandskämpfer, keine heiligen Krieger und keine Märtyrer. Sie sind Mörder.

Warum wagen die westlichen Eliten nicht einmal die Frage zu stellen, ob George W. Bush und Tony Blair wegen ihres auf Lügen gebauten Irakkriegs nicht vor ein internationales Strafgericht gestellt werden müssten?

Aber sind nicht auch die Hintermänner völkerrechtswidriger Angriffskriege Terroristen und Mörder – auch ihrer eigenen Soldaten? Muss man, wenn man über die 5.000 von Al-Qaida ermordeten Westler spricht, nicht auch über die hunderttausenden irakischen Zivilisten sprechen, die durch George W. Bushs völkerrechtswidrigen Krieg getötet wurden? Gelten die rechtlichen Maßstäbe, die wir an Saddam Hussein oder Slobodan Milosevic anlegen, nicht auch für westliche Regierungschefs? Warum wagen die westlichen Eliten nicht einmal die Frage zu stellen, ob George W. Bush und Tony Blair wegen ihres auf Lügen gebauten Irakkriegs nicht vor ein internationales Strafgericht gestellt werden müssten?

In der Urteilsbegründung des Nürnberger Kriegsverbrechertribunals heißt es: „Die Entfesselung eines Angriffskriegs ist das größte internationale Verbrechen, das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, dass es in sich alle Schrecken vereinigt und anhäuft.“ Der amerikanische Chefankläger Robert Jackson formulierte damals: „Nach dem gleichen Maß, mit dem wir heute die Angeklagten messen, werden wir morgen von der Geschichte gemessen werden.“

Angriffskriege sind „der Terrorismus der Reichen“, sagt Peter Ustinov. Für ein irakisches Kind macht es keinen Unterschied, ob es von einem „islamischen“ Selbstmordattentäter oder von einer „christlichen“ Bombe zerfetzt wird. Für dieses Kind sind George W. Bush und Tony Blair genauso Terroristen wie Bin Laden für uns.

Die Legende vom anständigen Krieg ist die größte Lüge der Menschheit.

Die hohe Zahl ziviler Opfer militärischer Einsätze wird häufig mit dem Argument entschuldigt, diese „Kollateralschäden“ entstünden nicht vorsätzlich. Das ist – zumindest bei Luftangriffen – unredlich, denn der Tod von Zivilisten wird dabei fast immer billigend in Kauf genommen. „Billigende Inkaufnahme“ aber bedeutet in entwickelten Rechtssystemen Vorsatz. Die meisten Bombenangriffe sind zudem uneffektiv. Mit Kommandoeinsätzen am Boden könnte man meist viel mehr erreichen. Allerdings müsste man dann eine größere Zahl eigener Opfer in Kauf nehmen. Das aber könnte Wählerstimmen kosten. So lässt man lieber Streubomben abwerfen und nimmt den Tod von Zivilisten in Kauf. Streubombenabwürfe aus sicheren Pilotenkanzeln sind die feigste Form des Terrorismus der Mächtigen. Die Legende vom anständigen Krieg ist die größte Lüge der Menschheit. „Dulce bellum inexpertis – Krieg ist nur süß für die, die ihn nicht kennen“ (Erasmus von Rotterdam).

Todenhöfer - Warum tötest Du, Zaid?Bewaffneter Widerstand gegen völkerrechtswidrige Kriege und Besatzung ist trotzdem nur dann legitim, wenn er sich an das humanitäre Kriegsvölkerrecht hält. Selbstmordanschläge gegen andersgläubige Zivilisten, wie wir sie jeden Tag im Irak und anderswo erleben, sind Terrorismus. Mit legitimem Widerstand haben sie nichts zu tun. Die spektakulärsten Anschläge gegen Zivilisten im Irak sind allerdings meist von außen gesteuert. Nach einer Stellungnahme des Sprechers der multinationalen Streitkräfte im Irak, General Kevin Bergner, vom 11. Juli 2007 stammen zwischen 80 und 90 Prozent der Selbstmordattentäter aus dem Ausland.

Von diesem fast immer ausländischen Terrorismus gegen Zivilisten streng zu unterscheiden ist der legitime, multikonfessionelle irakische Widerstand gegen die ausländische Besatzung. Dieses Widerstandsrecht kann den Irakern niemand nehmen. Es ist ein zeitloses, unantastbares Recht aller Völker. Die große Mehrheit der irakischen Bevölkerung steht hinter diesem Widerstand, der Angriffe auf Zivilisten ausdrücklich ablehnt. An diesem Widerstand beteiligen sich nicht nur sunnitische und schiitische Muslime, sondern auch Christen. Die Zahl der christlichen Widerstandskämpfer im Irak ist höher als die der Al-Qaida-Kämpfer. Auch Frauen kämpfen im multikonfessionellen irakischen Widerstand. Ist das wirklich überraschend? Was würden wir tun, wenn feindliche Panzer auf unseren Straßen stünden? Sind nur befreundete Widerstandskämpfer „Freiheitskämpfer“, andere aber immer „Terroristen“?

Den Medienkrieg haben die Iraker längst verloren.

Den Medienkrieg haben die Iraker längst verloren. Täglich gibt es noch immer mindestens hundert militärische Aktionen der Besatzungsstreitkräfte gegen die irakische Bevölkerung und etwa gleichviele Gegen-Angriffe des Widerstands auf die Besatzungstruppen und ihre Verbündeten. Die Zahl der Selbstmordanschläge gegen Zivilisten liegt maximal bei zwei oder drei pro Tag. Trotzdem strahlen die TV-Medien fast ausschließlich Bilder dieses schrecklichen, meist ausländischen Selbstmordterrors aus, als sei er typisch für den Kampf der Iraker gegen die USA. Sie zeichnen so ein völlig verzerrtes Bild der Lage im Irak. Den wirklichen Krieg sehen wir nicht. Das Pentagon nutzt sein Informationsmonopol im besetzten Irak gnadenlos aus.

Selbstverständlich wären gewaltfreie Aktionen im Stil Mahatma Gandhis oder Martin Luther Kings jedem gewaltsamen Widerstand vorzuziehen, auch dem legitimen Widerstand. Im Glaubenskrieg zwischen den Stadtstaaten Mekka und Medina erzielte Mohammed seinen faszinierendsten Erfolg, als er zur Verblüffung seiner mekkanischen Gegner mit seinen Gefolgsleuten unbewaffnet vor den Toren Mekkas erschien und Zugang zu den heiligen Stätten forderte. Passiver Widerstand aus der Kraft des Glaubens würde auch den irakischen Widerstand glaubwürdiger machen. Aber haben wir der Welt nicht jahrhundertelang vorgeführt, dass nur der Gewalttätige Erfolg hat?

Zur Person:

Dr. Jürgen Todenhöfer (67) ist seit über zwanzig Jahren Manager eines europäischen Medienunternehmens. Zuvor war er 18 Jahre lang Abgeordneter des Deutschen Bundestages und Sprecher der CDU/CSU für Entwicklungspolitik und Rüstungskontrolle. Er schrieb zwei Bestseller über den Afghanistan- und den Irakkrieg. Mit seinem Honorar baute er ein Kinderheim in Afghanistan; ein Kinderkrankenhaus im Kongo ist zurzeit im Bau. Mit dem Autorenhonorar von „Warum tötest Du, Zaid“ wird er im Mittleren Osten ein israelisch-palästinensisches Versöhnungsprojekt und ein Hilfsprojekt für schwerverletzte irakische Flüchtlingskinder finanzieren.

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