Der Fall Marco W.: Was denn nun?

26. Juni 2007 | Von | Kategorie: Feuilleton | 3 Kommentare |

In der Juristerei gibt es oft unzählige Meinungen zu meist überflüssigen Streitigkeiten. Während die Mindermeinung das Haar durch die Mitte spalten will, möchte die Rechtsprechung an den Spitzen stutzen. Dazu gesellen sich meist noch mehrere sog. Literaturmeinungen, die alle im Grunde eine Synthese von beidem möchten und das Haar je nachdem durch die Mitte spalten oder an den Spitzen stutzen wollen, aber jeweils eine eigene Definition kreieren.

Seit dem traurigen Fall des deutschen Schülers in Antalya mischen seit neuestem auch deutsche Magazine und Zeitungen mit. Während der Stern in Anlehnung an die Meinung des Bundesjustizministeriums die Tat, soweit bekannt, nicht unter § 176 StGB subsumieren kann, ist der Tagesspiegel anderer Auffassung. Aber bitte, lesen Sie selbst!

Stern:

Der türkische Anwalt für Ausländerangelegenheiten in Antalya, Bilal Kalayci, hatte Einblick in die Anklageschrift. Demnach werde dem Jungen sexueller Missbrauch von Kindern in einem schweren Fall und eine Gewalttat vorgeworfen, teilte er mit. Die Anklage berufe sich auf die Aussage des Mädchens und Gutachter. Die Verhandlung ist für den 6. Juli angesetzt. Nach Angaben des Bundesjustizministeriums könnte Marco im Falle einer Verurteilung seine Strafe nicht in Deutschland absitzen. Nach deutschem Recht seien die Vorwürfe, soweit sie bislang bekannt seien, nicht strafbar, hieß es.

Immerhin, wird mit „soweit sie bislang bekannt seien“ die juristische Einschätzung eingegrenzt. Dennoch erstaunlich, dass sich das Bundesjustizministerium, voreilig und ohne Einzelheiten zu wissen, quasi laut Bild-Zeitung, zu so einer Aussage verleiten lässt. Da scheint mir mehr Wunsch drin zu stecken, als Sachverstand. Ich vermissen den typischen Satz in solchen Fällen, dass bis zur Abschließenden Klärung des Sachverhalts keine Bewertung erfolgen kann. Na ja.

Hier jedenfalls die Gegenmeinung der Tagesspiegel:

Verhängnisvoll für Marco W. war also nicht etwa ein altmodischer türkischer Sexualkodex, sondern die Anzeige einer britischen Urlauberin, die ihre Tochter gefährdet sah. Von sich aus wären die türkischen Behörden nicht tätig geworden – aber der schwere Strafvorwurf des sexuellen Missbrauchs zwang die Staatsanwaltschaft in Antalya, ein Verfahren gegen den deutschen Schüler zu eröffnen. In Deutschland gelten ganz ähnliche Gesetze zur Ahndung von Unzucht mit Minderjährigen: Die in der Türkei geltenden Strafen für Sexualdelikte unterscheiden sich dank der EU-Reformen der vergangenen Jahre nicht mehr von denen in Westeuropa.

Unglaublich aber wahr.

Ekrem Senol РK̦ln, 26.06.2007

3 Kommentare
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  1. Darf ich Dir schnell zwei Artikel von gestern Abend zur Ansicht verlinken?

    Interview mit Anwalt Ulrich Sommer, der die Sache etwas anders sieht. Und ein Artikel, in dem auch steht, warum die Medien erst jetzt auf den Fall aufmerksam wurden.
    Beides aus der FR-Online.

  2. Unsere Politiker haben eh ein seltsames Rechtsverständnis.

    Ich hab die Problematik mal so zusammengefasst:

    http://www.duckhome.de/tb/index.php?/archives/615-Der-arme-Junge.html

    Was mich am meisten nervt ist die Scheinheiligkeit. Ich hab vier Jungs und zwei Töchter von denen zwei Jungs und ein Mädchen die Sache hinter sich haben. Der Rest wird mir noch jede Menge Aufregung bescheren.

  3. Wenn man mit Engländern zu tun hat, kann man fast davon ausgehen, daß man Ärger bekommt. Warum versohlt denn nicht mal jemand diesem verk*ckten Insel-Gör und ihrer Mutter den Arsch, damit die Sache mal wieder ins rechte Licht gerückt wird? Die Rotznase wollte mal den Duft der großen, weiten Welt schnüffeln, mal auffallen, Jungs anmachen und einen saufen – das scheinen Engländer schon im Kindergarten zu lernen. Und dann Geschrei, als Marco, den sie auch noch bezüglich des Alters belogen hat, sie beim Wort nimmt und auf ihre eindeutigen Angebote eingegangen ist. Wie sonst wäre er bei Nacht in ihr Zimmer gekommen, wenn sie ihn nicht eingeladen und mitgenommen hätte? Erzählt mir doch nix!! Das ist leider ein typischer Wesenszug der Engländer: alles für sich in Anspruch zu nehmen, ohne dafür Verantwortung übernehmen zu wollen. Und um das zu umgehen, wird unverschämt gelogen und betrogen, daß sich die Balken biegen. Selbst auf die Gefahr hin, daß ein Unschuldiger im Knast verschimmeln muß, bis er schwarz wird. Nicht die Türken haben was falsch gemacht, die halten sich nur an das Gesetz, was bei uns ähnlich ist. Schmeißt lieber die Drecks-Insel aus der EU, das käme dem europäischen Gedanken viel näher!! Klaus

 

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