Das Gesetz der Fremde – Teil 5: Kein laizistischer Staat

24. September 2008 | Von | Kategorie: Gastbeiträge, Leitartikel | Keine Kommentare |

Der Staat des Grundgesetzes ist religiös und weltanschaulich neutral. Er kennt keine Staatskirche und unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen Heilskonzeptionen. Zu allen hat er die gleiche Distanz und die gleiche Nähe. Und er akzeptiert all diese Heils- und Lebensvorstellungen, ohne vorzugeben, welche die Richtige und welche Falsch ist – ein wichtiges Element der verfassungsrechtlichen Pluralität.

Rhein Triannale 2008 - Tarik Al-Wazir, Mustafa Yeneroglu, Heinrich Wefing, Necla Kelek und Thomas Kufen (v.l.n.r.) Raum: Joachim Janner Tarik Al-Wazir, Mustafa Yeneroglu, Heinrich Wefing, Necla Kelek und Thomas Kufen (v.l.n.r.) - Foto © Michael Kneffel

Rhein Triannale 2008 - Tarik Al-Wazir, Mustafa Yeneroglu, Heinrich Wefing, Necla Kelek und Thomas Kufen (v.l.n.r.) - Foto © Michael Kneffel

Das Grundgesetz sieht aber kein Modell vor, der sich allem Religiösen verschließt. Der Staat selbst hat zwar keine Religion und keine eigenen Wertvorstellungen, er lebt aber von Werten, die er sich selbst nicht geben kann, wie der bekannte Verfassungsrechtlicher Böckenförde schrieb.

Er ist dafür unter anderem auf religiöse und weltanschauliche Institutionen angewiesen, mit denen er in Kooperation tritt. Dabei darf und kann er nicht bestimmte Konfessionen und Religionen bevorzugen, andere jedoch benachteiligen.

Bewährung des deutschen Models

Die deutsche Religionsverfassung hat Modellcharakter, wo es um das friedliche Miteinander von Menschen verschiedener Konfessionen und Glaubensrichtungen geht. Ohne selbst Partei zu ergreifen, gibt es sowohl dem religiös, als auch weltanschaulich geprägten Menschen die Möglichkeit, sich sowohl selbst individuell zu entfalten, als auch seinen Glauben und seine Weltanschauung in einer Gemeinschaft zu leben.

Auf Grundlage dieses religionsverfassungsrechtlichen Modells darf der Staat nicht in einen Wettstreit um die Gesinnung und das Gewissen des Menschen mit den Religionsgemeinschaften einsteigen, er ist vielmehr gehalten, sich weitgehend aus diesen Bereichen herauszuhalten. Damit kann er sich aber auch des Einsatzes dieser Menschen für die Gemeinschaft sicher sein, die im Alltag Werte wie Solidarität, Nächstenliebe und Fürsorge zur Geltung bringen.

Es gibt gute Argumente dafür, dass sich dieses Modell des Verhältnisses von Staat und den Religionsgemeinschaften auch im Umgang mit der Herausforderung der knapp 4 Millionen Muslime in Deutschland bewähren wird. Die Akzeptanz und die Integration des muslimischen Daseins stellt insoweit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar, die sich sowohl für die religiös- weltanschauliche Neutralität, als auch für den verfassungsrechtlich gebotenen Pluralismus als Nagelprobe erweisen wird.

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